ZPO § 104
Leitsatz
- Schließen die Parteien in zweiter Instanz einen Vergleich, ist die Verzinsung, § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO, bei der Kostenfestsetzung erst ab dem Eingang des auf den Vergleich gestützten Kostenfestsetzungsantrags auszusprechen.
- Sowohl die Kostengrundentscheidung erster Instanz als auch ein darauf zuvor gestützter Kostenfestsetzungsantrag werden durch den Vergleich wirkungslos.
OLG Köln, Beschl. v. 30.9.2013 – I-17 W 78/13
1 Sachverhalt
Nach der landgerichtlichen Kostenentscheidung hatten die Kläger 5 % und die Beklagte 95 % der Kosten der ersten Instanz zu tragen. Das Urteil datiert vom 18.4.2012. Bereits am 4.5.2012 ging der Kostenfestsetzungsantrag der Kläger bei Gericht ein. Die Beklagte legte Berufung, die Kläger legten Anschlussberufung ein. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem 11. Senat des Oberlandesgerichts Köln schlossen die Parteien am 21.11.2012 einen Vergleich. Nr. 1 lautet: "Die Beklagte nimmt ihre Berufung zurück." Unter Nr. 5. ist Folgendes geregelt: "Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt die Beklagte ..."
Die Kläger meinen, die von ihnen für die erste Instanz verauslagten Gerichtskosten sowie ihre außergerichtlichen Kosten erster Instanz seien schon ab dem 4.5.2012 im Kostenfestsetzungsbeschluss verzinslich festzusetzen. Bei dem Vergleich handele es sich um keinen Prozess-, sondern um einen Vollstreckungsvergleich. Da die Beklagte ihr Rechtsmittel im Vergleichswege zurückgenommen habe, sei das Urteil des LG in Rechtskraft erwachsen.
Mit Kostenfestsetzungsbeschl. v. 4.3.2013 hat die Rechtspflegerin dem Begehren der Kläger insoweit entsprochen, als die außergerichtlichen Kosten ab dem 5.5.2011 (Eingang des Antrags bei Gericht) zu verzinsen sind. Demgegenüber hat sie bezüglich der Gerichtskosten für die erste Instanz den Zinsbeginn an den Eingang des Kostenfestsetzungsantrages für die zweite Instanz (5.12.2012) gekoppelt.
Hiergegen wenden sich die Kläger mit ihrem Rechtsmittel. Sie verfolgen ihr ursprüngliches Begehren weiter. Die Beklagte hat Anschlussbeschwerde eingelegt mit dem Ziel, dass die den Klägern in erster Instanz entstandenen Kosten erst ab dem 5.12.2012 verzinslich festgesetzt werden.
Die Beklagte ist der Ansicht, durch den Vergleichsschluss in zweiter Instanz sei die erstinstanzliche Kostenentscheidung nicht lediglich abgeändert worden. Vielmehr sei im Vergleich eine neue und damit einzige Grundlage für die Kostenverteilung vereinbart worden. Mithin könne die Verzinsungspflicht erst ab dem Datum des dem Vergleich zeitlich nachfolgenden Kostenfestsetzungsantrages einsetzen.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel der Kläger nicht abgeholfen, der Anschlussbeschwerde der Beklagten nur teilweise. Sie hat den Zinsbeginn für die den Klägern insgesamt entstandenen Kosten für die erste Instanz auf den 30.11.2012 festgesetzt. Zur Begründung hat sie ausgeführt, dass die Kläger mit am 30.11.2012 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz auf ihren bereits in erster Instanz gestellten Kostenfestsetzungsantrag und unter Hinweis auf den vor dem Berufungssenat geschlossenen Vergleich um Kostenfestsetzung gebeten hätten.
Im Umfang der Nichtabhilfe hat sie die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt. Beide Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen
Zu Recht hat die Rechtspflegerin dem Begehren der Kläger nicht stattgegeben und auf das Rechtsmittel der Beklagten den Zinsbeginn für die den Klägern entstandenen Gerichtskosten und außergerichtlichen Kosten erster Instanz (18.850,48 EUR) auf den 30.11.2012 und für die zweitinstanzlichen Kosten auf den 5.12.2012 festgesetzt (12.526,58 EUR).
1. Gem. § 104 Abs. 1 S. 2 ZPO ist auf Antrag im Kostenfestsetzungsbeschluss auszusprechen, dass die dort festgesetzten Kosten vom Eingang des entsprechenden Antrages bei Gericht an zu verzinsen sind. Dieses Datum bleibt auch dann maßgeblich, wenn die Kostengrundentscheidung durch das Rechtsmittelgericht teilweise abgeändert wird und der Erstattungsgläubiger bereits nach Erlass des erstinstanzlichen Urteils Kostenfestsetzungsantrag gestellt hatte. Die Abänderung der Kostengrundentscheidung in zweiter Instanz bewirkt nicht deren vollständige Aufhebung. Wie die Sachentscheidung wird die Kostenentscheidung nur insoweit abgeändert, als sie inhaltlich von der Vorentscheidung abweicht. Deshalb ist derjenige Betrag der erstinstanzlichen Kosten, der sowohl nach der erst- wie nach der zweitinstanzlichen Kostenentscheidung zu erstatten ist, seit dem Eingang des ursprünglichen Kostenfestsetzungsantrages an zu verzinsen (BGH NJW 2006, 1140 = JurBüro 2006, 204 = AnwBl 2006, 360 [= AGS 2006, 515]; Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 71. Aufl., § 104 Rn 25; Musielak/Lackmann, ZPO, 9. Aufl., § 104 Rn 12; Prütting/Gehrlein/Schmidt, ZPO, 5. Aufl., § 104 Rn 20; Schulz, MK-ZPO, 4. Aufl., § 104 Rn 69; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 104 Rn 6).
Anders ist es aber dann, wenn die Parteien die Kostengrundentscheidung der ersten Instanz in einem Prozessvergleich in zweiter Instanz durch eine andere ersetzen. Dann entfällt die früher ergangen...