RVG VV Nrn. 3104, 3105
Leitsatz
- Ist die (volle) Terminsgebühr bereits wegen des ersten Termins angefallen, kommt es nicht darauf an, dass im zweiten Termin die Voraussetzungen für eine (verminderte) Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV erfüllt worden sind.
- Erörtert das Gericht in einem Termin, in dem eine Partei nicht erschienen ist, mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei die Sach- und Rechtslage, so löst dies eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV auch dann aus, wenn die erschienene Partei keinen Sachantrag stellt.
OLG Naumburg, Beschl. v. 18.11.2013 – 2 W 23/13
1 Sachverhalt
Die Klägerin hatte gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schadenersatz im Wege der Teilklage in Höhe von (vorerst) 5.085,71 EUR geltend gemacht. Das LG hat am 28.6.2012 einen (frühen ersten) Termin durchgeführt; zu diesem Termin ist der Prozessbevollmächtigte der Klägerin verhandlungsbereit erschienen, für die Beklagte jedoch niemand. Nach dem Inhalt des Protokolls hat eine Erörterung der Sach- und Rechtslage stattgefunden, in deren Verlauf das Gericht den Hinweis auf fehlende Unterlagen erteilt und der Prozessbevollmächtigte der Klägerin daraufhin Verlegung des Termins beantragt hat. Dem Klägervertreter ist eine befristete Auflage gemacht worden; sodann ist Termin zur Fortsetzung der mündlichen Verhandlung bestimmt worden. Im Termin, zu dem die Beklagte wiederum trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen war, hat die Klägerin – anwaltlich vertreten – Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils gestellt; daraufhin ist antragsgemäß ein Versäumnisurteil ergangen.
Die Klägerin hat daraufhin die Festsetzung ihrer Kosten beantragt. Bestandteil des Kostenfestsetzungsantrags ist eine 1,2-Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV nach dem Kostenstreitwert des Verfahrens in erster Instanz (5.085,71 EUR) in Höhe von 405,60 EUR.
Die Rechtspflegerin des LG hat die von der Beklagten an die Klägerin zu erstattenden Kosten festgesetzt. Dabei hat sie lediglich eine Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV mit einem Gebührenansatz von 0,5, d.h. in Höhe von 169,00 EUR, berücksichtigt.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Klägerin mit ihrer sofortigen Beschwerde vom 26.2.2013. Sie meint, dass eine Anwendung der Vorschrift der Nr. 3105 VV nicht in Betracht komme, weil dort ausdrücklich von einem Termin die Rede sei, hier aber zwei Termine stattgefunden hätten.
Die Rechtspflegerin hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen, weil ihres Erachtens im ersten Termin keine Tätigkeiten erbracht worden seien, die eine Terminsgebühr hätten entstehen lassen; sie hat die Sache dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
Die sofortige Beschwerde hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Das LG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass eine Terminsgebühr nach Nr. 3105 VV angefallen sei.
Eine Terminsgebühr fällt in jedem Rechtszug nur einmal an. Werden mehrere Termine der mündlichen Verhandlung durchgeführt, so ist im Rahmen der Kostenfestsetzung zu prüfen, ob die beantragte Terminsgebühr durch einen der durchgeführten Termine entstanden ist; auf die weiteren Termine kommt es dann nicht.
Das LG ist zwar zutreffend davon ausgegangen, dass für die Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Termin am 6.9.2012 eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV, wie beantragt, nicht entstanden ist, weil bei isolierter Betrachtung des Verlaufs dieser Sitzung und der darin entfalteten Tätigkeiten des Prozessbevollmächtigten der Klägerin die Voraussetzungen der Vorschrift des Nr. 3105 VV erfüllt worden sind; in einem solchen Falle verdrängt Nr. 3105 VV die Anwendbarkeit des Nr. 3104 VV.
Das LG hat jedoch den ersten Termin am 28.6.2012 fehlerhaft bewertet. In diesem Termin ist zugunsten der Prozessbevollmächtigten der Klägerin eine Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV angefallen. Erörtert das Gericht in einem Termin, in dem eine Partei nicht erschienen ist, mit dem Prozessbevollmächtigten der Gegenpartei die Sach- und Rechtslage, so löst dies bereits eine volle Terminsgebühr nach Nr. 3104 VV aus (vgl. KG, Beschl. v. 18.9.2008 – 1 W 425/08 [= AGS 2009, 60]; ähnlich Hess. LAG, Beschl. v. 14.12.2005 – 13 Ta 481/05). Für das Entstehen der Terminsgebühr ist ausreichend, dass der Prozessbevollmächtigte verhandlungsbereit in der als Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumten Sitzung des Gerichts erscheint. Einer Antragstellung durch ihn bedarf es hierfür nicht (vgl. Hartmann, KostG, 43. Aufl. 2013, Nr. 3104 VV Rn 4; Müller-Rabe in: Gerold/ Schmidt, RVG, 20. Aufl. 2012, Vorbem. VV 3 Rn 61, 64). Die Reduzierung der vollen Terminsgebühr soll nach den nachfolgenden Regelungen nur dann erfolgen, wenn entweder die Voraussetzungen des Nr. 3105 VV oder diejenigen des Nr. 3106 VV vorliegen. Beides trifft für den Termin vom 28.6.2012 nicht zu, wie auch das LG zutreffend festgestellt hat. Damit verbleibt es bei der vollen Terminsgebühr. Eine entsprechende Anwendung der Nr. 3105 VV scheidet mangels Bestehens einer planwidrigen Regelungslücke aus (vgl. LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 2.8.2010 – 5 Ta 135/10 für die Rücknahme der Klage bei Säumnis einer Partei).
Der festzusetzende Betrag errechnet s...