Bei der Entscheidung des AG Hechingen handelt es sich um einen Beschluss, durch den einer sofortigen Beschwerde der Gläubigerin (§ 793 ZPO) gegen eine Erinnerungsentscheidung nicht abgeholfen worden ist. Die nachfolgende Beschwerdeentscheidung ist bislang nicht veröffentlicht. Es ist aber zu hoffen, dass darin den zutreffenden Erwägungen in der Nichtabhilfeentscheidung gefolgt wurde.
Ebenso wie das AG Hechingen hat das AG Meißen (siehe nachfolgend) entschieden. Die anderslautende Entscheidung des LG Frankfurt (AGS 2017, 31) ist dagegen abzulehnen.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Isolierter Antrag auf Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO
Das AG Hechingen weist zutreffend darauf hin, dass ein isolierter Antrag auf Einholung von Drittauskünften nur zulässig ist, wenn der Schuldner seiner Pflicht zur Abgabe der Vermögensauskunft nicht nachkommt oder der betreibende Gläubiger glaubhaft macht, dass die im Vermögensverzeichnis aufgeführten Vermögenswerte eine vollständige Befriedigung seiner konkreten Forderung voraussichtlich nicht erwarten lassen. Ohne vorheriges Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft ist die Einholung von Drittauskünften damit ausgeschlossen.
Es muss keine Gläubigeridentität vorliegen, d.h. die Anträge auf Abnahme der Vermögensauskunft und Einholung von Drittauskünften können von verschiedenen Gläubigern stammen. Allerdings wird bereits hierdurch deutlich, dass dieselbe Vollstreckungsmaßnahme und damit dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit vorliegen muss, wenn derselbe Gläubiger beide Anträge stellt. Für den Anwalt eines Gläubigers, der nach vorangegangenem Verfahren auf Abnahme der Vermögensauskunft für einen anderen Gläubiger nur den Antrag auf Einholung von Drittauskünften stellt, entsteht gegebenenfalls erstmalig die Verfahrensgebühr Nr. 3309 VV.
2. Vollstreckungsmaßnahme und Vollstreckungshandlungen
Die Einholung von Auskünften Dritter gem. § 802l ZPO ist keine besondere gebührenrechtliche Angelegenheit, weil die in § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG aufgeführten Voraussetzungen nicht vorliegen. Nur ungleichartige Vollstreckungsmaßnahmen bilden danach verschiedene Angelegenheiten.
Grundsätzlich bilden die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Vollstreckungshandlungen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluss der Vollstreckung dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit. Dabei stehen die Vollstreckungshandlungen in einem inneren Zusammenhang, welche die einmal eingeleitete Maßnahme mit demselben Ziel der Befriedigung fortsetzen.
Befriedigung ist dabei nicht nur die Befriedigung des Gläubigers im eigentlichen Sinne z.B. durch Erhalt der titulierten Forderung, sondern auch jede sonstige Beendigung einer konkreten Vollstreckungsmaßnahme. Mit jedem Übergang zu einer anderen Art von Vollstreckungsmaßnahmen beginnt eine neue Angelegenheit.
Die Einholung der Vermögensauskunft des Schuldners (Selbstauskunft) dient der Sachaufklärung und der frühzeitigen Informationsbeschaffung des Gläubigers. Nach den Motiven des Gesetzgebers wird die frühzeitige Informationsbeschaffung durch die ergänzende Einholung von Fremdauskünften wirkungsvoll gestärkt. Deshalb erhält der Gläubiger die Möglichkeit, schon vor Einleitung von konkreten Vollstreckungsmaßnahmen durch die Vermögensauskunft des Schuldners gem. § 802c ZPO (= Selbstauskunft) Informationen über die Vermögensverhältnisse des Schuldners zu erlangen. Wenn die Selbstauskunft unergiebig ist oder wenn die Vollstreckung in die im Vermögensverzeichnis aufgeführten Gegenstände eine vollständige Gläubigerbefriedigung nicht erwarten lässt, können auch Informationen von dritter Seite gem. § 802l ZPO eingeholt werden. Zweck des § 802l ZPO ist es, die Möglichkeiten der Informationsbeschaffung für den Gläubiger durch die ergänzende Einholung von Fremdauskünften wirkungsvoll zu stärken. Die Vermögenssituation des Schuldners kann anhand objektiver Informationsquellen überprüft und es können geeignete Vollstreckungsobjekte ausfindig gemacht werden. Dadurch kann der Gläubiger Unrichtigkeiten der vom Schuldner in der Vermögensauskunft abgegebenen Selbstauskunft aufdecken. Dabei sollen die Belange des Schuldners, insbesondere sein Recht auf informationelle Selbstbestimmung, und die Notwendigkeit, dem Gläubiger eine effektive Rechtsdurchsetzung zu ermöglichen, zu einem angemessenen Ausgleich gebracht werden.
Deshalb ist die Einholung von Drittauskünften gem. § 802l ZPO nicht als besondere bzw. ungleichartige Vollstreckungsmaßnahme i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, sondern nur als einzelne Vollstreckungshandlung im Rahmen der Sachaufklärung bzw. Auskunftsbeschaffung durch Selbstauskunft des Schuldners und Drittauskünften anzusehen ist. Die Drittauskünfte gem. § 802l ZPO dienen wie die Selbstauskunft des Schuldners gem. § 802c ZPO der Sachaufklärung bzw. der Informationsbeschaffung des Gläubigers. Beide Maßnahmen dienen damit dems...