RVG § 33
Leitsatz
Regelungen in einem Vergleich, die weder einen schon bestehenden Streit noch eine unmittelbar bevorstehende Kontroverse beilegen, erhöhen den Vergleichswert nicht. Sie sind entweder deklaratorisch in den Vergleichstext aufgenommen worden oder stellen einen Teil der Gegenleistung dar.
LAG Köln, Beschl. v. 20.2.2017 – 2 Ta 10/17
1 Sachverhalt
Am 16.11.2016 schlossen die Parteien in der Hauptsache einen Vergleich über die Kündigungsschutzklage des Klägers, in dem die ordnungsgemäße Abwicklung des Arbeitsverhältnisses unter Freistellung des Klägers von der Arbeitsleistung vereinbart wurde. Ferner wurde geregelt, dass der Kläger einen Anspruch auf betriebliche Altersversorgung erworben hat, dessen Bestand vom Vergleich unberührt bleibt.
Das ArbG hat den Gegenstandswert des Verfahrens auf 41.005,68 EUR (vier Bruttomonatsgehälter) und den des Vergleichs auf 51.257,10 EUR (ein weiteres Gehalt für die Zeugnisregelung) festgesetzt. Bei der Festsetzung des Verfahrensstreitwerts hat das ArbG den Weiterbeschäftigungsanspruch mit einem Gehalt berücksichtigt, obwohl nach std. Rspr. des BAG dieser Anspruch stets nur als hilfsweise kumulativ für den Fall des Obsiegens gestellt gilt und im Falle eines Beendigungsvergleichs dadurch weder den Verfahrens- noch den Vergleichswert erhöht.
Gegen die Festsetzung des Vergleichswertes wendet sich der Klägerprozessbevollmächtigte und begehrt die Festsetzung eines weiteren Vergleichsmehrwertes i.H.v. 24.651,45 EUR. Das ArbG hat der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen, da weder die Freistellung noch die betriebliche Altersversorgung zwischen den Parteien zuvor im Streit war.
Der Beschwerdeführer vertritt die Ansicht, auch die außergerichtlich beauftragte Ausformulierung einer von den Parteien schon erzielten Einigung im Sinne einer Klarstellung müsse Anwaltsgebühren auslösen. Zudem handele es sich aufgrund des schon bestehenden Streits über die Kündigung um einen einheitlichen Versicherungsfall für die Rechtsschutzversicherung.
2 Aus den Gründen
Die zulässige und fristgerechte sofortige Beschwerde des Klägerprozessbevollmächtigten ist nicht begründet. Zunächst ist festzustellen, dass der Verfahrens- und Vergleichswert ohnehin um je 10.251,42 EUR zu hoch festgesetzt wurde, da der Weiterbeschäftigungsantrag, auch wenn er nicht ausdrücklich als Hilfsantrag angekündigt wurde, als solcher anzusehen ist und damit nur im Falle eines die Weiterbeschäftigung zusprechenden Urteils zur Streitwerterhöhung führt. Eine Verschlechterung der Festsetzung kommt im Beschwerdeverfahren jedoch von Amts wegen nicht in Betracht.
Es ist allerdings nicht ersichtlich, dass die Freistellung des Klägers zuvor, also vor Beginn der Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien streitig gewesen wäre. Der Kläger hat nicht geltend gemacht, er müsse zwingend bis zum Ablauf der Kündigungsfrist beschäftigt werden. Es ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger geltend gemacht habe, ein Recht der Beklagten, ihn unter Anrechnung von Urlaubsansprüchen von der Arbeitsleistung freizustellen, existiere ausnahmsweise nicht. Ebenso wenig ist ersichtlich, dass ein Streit über die betriebliche Altersversorgung bestand oder unmittelbar bevorstand.
Somit war ein Vergleichsmehrwert nur für die Zeugnisregelung festzusetzen, da hier zu unterstellen ist, dass das (zunächst unfriedliche) Ende des Arbeitsverhältnisses zu Streitigkeiten über den Zeugnisinhalt geführt hätte (std. Rspr. LAG Köln v. 18.8.2011 – 7 Ta 127/11, v. 3.3.2009 – 4 Ta 467/08).
Zudem erhöhen diejenigen Vergleichsbestandteile den Vergleichswert nicht, die im Vergleich geregelt werden, um die Zustimmung zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitnehmer zu erreichen. Es handelt sich im weitesten Sinne um die Gegenleistung für die Akzeptanz der Kündigung. Damit erhöhen Regelungen, die entweder nur deklaratorisch sind oder ähnlich einer Abfindung den Gegenwert für die Aufgabe des Arbeitsverhältnisses darstellen, den Vergleichswert nicht.
Eine rechtsanwaltliche Tätigkeit, die die außergerichtliche Dokumentation/Formulierung einer bereits gefundenen Einigung beinhaltet, mag gegebenenfalls durch Vergütungsvereinbarung geregelt werden. Die Einigungsgebühr nach Nr. 1000 VV setzt jedenfalls die Mitwirkung bei einem Vertrag voraus, der den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt. Die Mitwirkung muss zudem für den Abschluss des Vertrags ursächlich gewesen sein.
Die Frage, ob eine Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung besteht ist von der Frage zu trennen, ob ein Streit bestand und durch ursächliche Mitwirkung des Rechtsanwalts beendet wurde. Nur die letzte Frage ist durch das Gericht zu entscheiden, das über den Gegenstandswert befindet. Es ist damit durchaus denkbar, dass eine grundsätzliche Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung aufgrund Zusammenhangs mit einem Streitverhältnis besteht, ohne dass tatsächlich ein Mehrwert des Vergleichs festgestellt werden kann.
3 Anmerkung
Lassen die Parteien lediglich deklaratorisch eine Einigung protokollieren, entsteht keine Einigungsgeb...