GKG §§ 42 Abs. 2 S. 1, 45 Abs. 1 S. 3, 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2
Leitsatz
- Der Streitwert einer Klage gegen eine außerordentlich, hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung ist mit einem Vierteljahresentgelt zu bewerten (§ 42 Abs. 2 S. 1 GKG). Dies gilt auch, wenn der Klageantrag gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung als uneigentlicher Hilfsantrag gesondert gestellt wird.
- Bei einer Kündigungsschutzklage und gleichzeitiger Klage auf Verzugslohn für die Zeit nach dem Kündigungstermin in objektiver Klagehäufung sind die Streitwerte der Klageanträge gem. § 39 GKG zu addieren. Ein Additionsverbot wegen wirtschaftlicher Identität besteht nicht. Dies gilt auch für Verzugslohnansprüche aus den ersten drei Monaten nach dem Kündigungstermin (Festhaltung an der ständigen Bezirksrechtsprechung, etwa Beschl. v. 26.8.2010 – 2 Ta 507/10; entgegen Streitwertkatalog I Nr. 6).
LAG Düsseldorf, Beschl. v. 16.6.2017 – 4 Ta 211/17
1 Sachverhalt
Mit dem Hauptantrag hat sich der Kläger gegen die außerordentliche Kündigung v. 16.12.2016 und mit dem Hilfsantrag (für den Fall des Obsiegens) gegen die im selben Kündigungsschreiben hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 31.3.2017 gewendet. Ebenfalls hilfsweise hat er einen allgemeinen Feststellungsantrag (wegen einer von der Beklagten behaupteten weiteren Kündigung v. 21.12.2016) sowie einen Zahlungsantrag aus Annahmeverzug für den Zeitraum Januar bis März 2017 i.H.v. 11.076,90 EUR sowie einen Weiterbeschäftigungsantrag gestellt. Über alle Anträge hat das ArbG entschieden.
Im Rahmen seine Streitwertfestsetzung hat das Gericht den Kündigungsschutzantrag betreffend die außerordentliche Kündigung v. 16.12.2016 mit einem Vierteljahresentgelt (3 x 3.692,30 EUR = 11.076,90 EUR), den Streit über die (behauptete) weitere Kündigung v. 21.12.2016 sowie den Weiterbeschäftigungsantrag jeweils mit einem Bruttomonatsgehalt bewertet. Den Hilfsantrag betreffend die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung v. 16.12.2016 hat es dagegen nicht werterhöhend berücksichtigt, ebenso wenig den Zahlungsantrag auf Verzugslohn (wegen wirtschaftlicher Identität mit dem Kündigungsschutzantrag).
Mit seiner Beschwerde will der Prozessbevollmächtigte der Klägerin für den Hilfsantragantrag betreffend die hilfsweise ordentliche Kündigung v. 16.12.2016 ein weiteres Vierteljahresentgelt (11.076,90 EUR) in Ansatz gebracht sehen. Das ArbG hat der Beschwerde nicht abgeholfen und sie dem LAG zur Entscheidung vorgelegt.
2 Aus den Gründen
Die zulässige Beschwerde des Prozessbevollmächtigten der Klägerin ist begründet. Allerdings war entgegen seiner Auffassung die hilfsweise ordentliche Kündigung v. 16.12.2016 nicht mit einem weiteren Vierteljahresentgelt zu bewerten (dazu 1). Dagegen führte – auch ohne Rüge des Beschwerdeführers (§ 63 Abs. 3 S. 1 Nr. 2 GKG) – der Antrag auf Zahlung von Verzugslohn aus Januar, Februar und März 2017 (11.076,90 EUR) zu einer Erhöhung des Streitwerts, da wirtschaftliche Identität mit dem Kündigungsschutzantrag insoweit nicht besteht (dazu 2).
Obwohl das ArbG über den hilfsweise gestellten Antrag gegen die hilfsweise ordentliche Kündigung v. 16.12.2016 zum 31.3.2017 entschieden hat (§ 45 Abs. 1 S. 2 GKG), erhöhte dieser nicht den Streitwert des Rechtsstreits. Denn der Hilfsantrag ist gem. §§ 42 Abs. 2 S. 1, 45 Abs. 1 S. 3 GKG von dem auf ein Vierteljahresentgelt begrenzten Streitwert des Hauptantrags betreffend die außerordentliche Kündigung v. 16.12.2016 umfasst.
Gem. § 42 Abs. 2 S. 1 GKG ist für die Wertberechnung bei Rechtsstreitigkeiten vor den Gerichten für Arbeitssachen über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses höchstens der Betrag des für die Dauer eines Vierteljahres zu leistenden Arbeitsentgelts maßgebend.
Nach der std. Rspr. der Beschwerdekammern des LAG wird die Klage gegen eine fristlose und hilfsweise fristgerechte Kündigung insgesamt mit einem Vierteljahresentgelt bewertet (14.3.2012 – 2 Ta 83/12; 17.12.2012 – 2 Ta 492/12). Gesondert ausgesprochene Folgekündigungen werden nach bisheriger Bezirksrechtsprechung regelmäßig mit einem Mindestwert von einem Bruttomonatsentgelt bewertet, bei Veränderungen des Beendigungszeitpunkts durch die Folgekündigung um mehr als einen Monat entsprechend dem Veränderungszeitraum, begrenzt auf ein Vier teljahresentgelt (5.12.2005 – 17 Ta 681/05; 7.11.2012 – 2 Ta 464/12). Hiervon abweichend ist eine Folgekündigung jedoch ausnahmsweise nicht zu bewerten, wenn der gegen sie gerichtete Klageantrag mit dem ersten Klageantrag wirtschaftlich identisch ist. Dies ist nach der std. Rspr. der Beschwerdekammern der Fall, wenn die weitere Kündigung auf denselben Gründen beruht und in kurzem zeitlichen Abstand zum selben Termin ausgesprochen und lediglich vorsorglich (etwa zur Beseitigung eines Formfehlers oder zur Sicherstellung des Zugangs) erklärt wurde (vgl. etwa 6.5.2008 – 6 Ta 136/08; 24.11.2008 – 6 Ta 605/08; 2.6.2009 – 6 Ta 312/09; 1.12.2009 – 6 Ta 727/09; 29.1.2010 – 6 Ta 40/10; 24.1.2011 – 2 Ta 750/10).
Ähnlich lautet die Empfehlung des Streitwertkatalogs (S...