RVG § 11
Leitsatz
Eine die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG hindernde nicht-gebührenrechtliche Einwendung i.S.v. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist auch dann gegeben, wenn der Antragsgegner einen aufrechenbaren Gegenanspruch behauptet, der aus einem Sachverhalt resultieren soll, der außerhalb des Verfahrens liegt, für das die Festsetzung der Vergütung begehrt wird.
OLG Frankfurt, Beschl. v. 7.6.2017 – 18 W 85/17
1 Aus den Gründen
Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
Im Ergebnis hat das LG mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht auf den Vergütungsfestsetzungsantrag der Antragsteller zu deren Gunsten eine Vergütung von 3.740,10 EUR gegen die Antragsgegnerin festgesetzt. Der Antrag der Antragsteller ist abzulehnen.
Dies folgt aus § 11 Abs. 5 S. 1 RVG. Nach dieser Regelung ist die Festsetzung der Vergütung des Rechtsanwalts abzulehnen, soweit der Antragsgegner Einwendungen oder Einreden erhebt, die nicht im Gebührenrecht ihren Grund haben. Eine solche Einwendung hat die Antragsgegnerin erhoben, indem sie vorgebracht hat, ihr stünde ein gegen die Vergütungsforderung der Antragsteller aufrechenbarer Schadensersatzanspruch zu.
Diese Einwendung der Antragsgegnerin stünde der begehrten Festsetzung nur dann nicht entgegen, wenn sie entweder offensichtlich unbegründet, aus der Luft gegriffen, aus den Akten widerlegbar oder offensichtlich halt- oder substanzlos wäre (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, § 11 RVG, Rn 117, 118). Dies ist jedoch nicht der Fall. Die Antragsgegnerin hat ihre Einwendung im Beschwerdeverfahren insofern konkretisiert, als sie der Beschwerdeschrift die Kopie eines Schreibens des von ihr beauftragten Rechtsanwalts A1 beigefügt hat, das dieser an den Antragsteller Rechtsanwalt RA2 gerichtet hat. In diesem Schreiben wird der von der Antragsgegnerin behauptete aufrechenbare Schadensersatzanspruch eingehend begründet. So habe Rechtsanwalt RA2 als Prozessbevollmächtigter der Antragsgegnerin in dem Rechtstreit, den die A GmbH unter dem vor dem LG Hanau gegen die Antragsgegnerin führte, insofern seine anwaltlichen Pflichten verletzt, als er die ihm vom Geschäftsführer der Antragsgegnerin und dessen Lebensgefährtin mitgeteilten Einwände gegen die streitgegenständliche Verbrauchskostenforderung nicht vollständig vorgetragen habe. Dies beträfe die Einwände, dass die eingeklagten Verbrauchskosten auf Werten beruhten, die mit einem Zählgerät ermittelt wurden, hinsichtlich dessen kein Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der A GmbH bestanden habe, und dass der am 18.1.2013 abgelesene Zählerstand nicht den Verbrauchs- sondern den Anfangsbestand wiedergegeben habe. Darüber hinaus habe Rechtsanwalt RA2 seine anwaltlichen Pflichten verletzt, indem er dazu geraten habe, die Klageforderung anzuerkennen, und schließlich die Anerkenntniserklärung abgegeben habe. Da § 11 Abs. 5 S. 1 RVG für die Ablehnung des Vergütungsfestsetzungsantrags lediglich voraussetzt, dass der Antragsgegner die Einwendung "erhebt", sodass eine nähere Substantiierung nicht verlangt werden kann (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, § 11 RVG, Rn 111), reicht dieses Vorbringen bei Weitem aus.
Ob die Einwendung der Antragsgegnerin begründet ist, ist im Festsetzungsverfahren nicht zu prüfen; darüber hat das Prozessgericht im Falle seiner Anrufung zu entscheiden (vgl. Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, § 11 RVG, Rn 108).
Die Einwendung ist auch nicht deshalb unbeachtlich, weil die behauptete aufrechenbare Gegenforderung nicht im Zusammenhang mit dem Verfahren, für das die Antragsteller die Festsetzung der Vergütung begehren, sondern wegen Pflichtverletzungen in einem anderen Verfahren begründet sein soll. Eine die Vergütungsfestsetzung nach § 11 RVG hindernde nichtgebührenrechtliche Einwendung i.S.v. § 11 Abs. 5 S. 1 RVG ist auch dann gegeben, wenn der Antragsgegner einen aufrechenbaren Gegenanspruch behauptet, der aus einem Sachverhalt resultieren soll, der außerhalb des Verfahrens liegt, für das die Festsetzung der Vergütung begehrt wird (vgl. LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 24.11.2009 – 3 Ta 262/09, RVGreport 2010, 213 – zitiert nach juris: Forderung wegen Bauarbeiten für den antragstellenden Rechtsanwalt).
3. Ein Ausspruch zu den Kosten des Beschwerdeverfahrens erübrigt sich. Da die Beschwerde Erfolg hat, fallen keine Gerichtsgebühren an. Außergerichtliche Kosten werden gem. § 11 Abs. 2 S. 6, 2. Hs. RVG nicht erstattet.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind. Die Sache ist weder von grundsätzlicher Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts.
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist zutreffend. Es wundert, dass der Anwalt noch auf eine Entscheidung hat ankommen lassen. Jegliche Einwendungen, die ihren Grund nicht im Gebührenrecht haben, hindern die Vergütungsfestsetzung, es sei denn, sie sind offensichtlich unbegründet, weil sie "aus der Luft gegriffen" oder "halt- und substanzlos" sind. Im Hinblick darauf, da...