1. Aktenversendungspauschale als Teil der Kosten nach Nrn. 7001, 7002 VV
In letzter Zeit sind sowohl das LG Leipzig und diesem folgend die in dessen Gerichtsbezirk liegenden AG sowie in einer früheren Entscheidung das AG Nordhorn mit der Rechtsauffassung hervorgetreten, dass dem Rechtsanwalt die von ihm verauslagte Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz., § 107 Abs. 5 OWiG nicht zu erstatten sei. Vielmehr wird von den genannten Gerichten die Auffassung vertreten, dass die betreffenden Kosten als Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7001 VV zu betrachten oder schon in der Pauschale für Entgelte für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nr. 7002 VV enthalten sein sollen (LG Leipzig a.a.O.; AG Leipzig a.a.O., AG Nordhorn a.a.O.; Meyer a.a.O.).
Im Ergebnis führen diese Rechtsauffassungen dazu, dass die genannten Auslagen in Höhe von 12,00 EUR nicht neben den konkreten Post- und Telekommunikationsentgelten gem. Nr. 7001 VV oder der Pauschale nach Nr. 7002 VV in Höhe von 15 % bzw. 20,00 EUR verlangt werden können. Sie würden zwar die konkreten Kosten nach Nr. 7001 VV erhöhen, der Rechtsanwalt wäre jedoch gehindert, bei konkreten Kosten, welche unterhalb der Grenze der Pauschale nach Nr. 7002 VV liegen, diese Art der Berechnung zu wählen und gleichzeitig die Aktenversendungspauschale erstattet zu erhalten. Letztlich hat dies in der Regel zum Ergebnis, dass der Rechtsanwalt maximal die Pauschale nach Nr. 7002 VV erstattet erhielte, daneben jedoch nicht die Aktenversendungspauschale.
In der übrigen Rspr. und in der Kommentarliteratur wird diese Frage nicht problematisiert, sondern eine gesonderte Erstattungsfähigkeit befürwortet.
2. Auseinandersetzung
a) Rechtsauffassung des LG Leipzig/AG Leipzig/AG Nordhorn/Meyer
Hier wird die Auffassung vertreten, dass es sich bei der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. und § 107 Abs. 5 OWiG um "Postentgelte" handele.
Eine Begründung hierfür wird, wenn überhaupt, nur insoweit gegeben, dass eine Versendung erfolgt und die betreffenden Kosten daher Versandkosten und damit Postentgelte darstellen.
b) Eigener Standpunkt
Nach der hier vertretenen Auffassung handelt es sich bei der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostVerz. und § 107 Abs. 5 OWiG um keine Kosten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen nach Nrn. 7001 u. 7002 RVG. Sie fällt vielmehr unter diejenigen Kosten, welche der Rechtsanwalt nach Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 RVG i.V.m. § 670 BGB als besondere Aufwendungen vom Mandanten/von der Staatskasse gesondert ersetzt verlangen kann.
Nach der obergerichtlichen Rspr. und auch nach der einschlägigen Kommentarliteratur sind die Aufwendungen zum Ausgleich der Aktenversendungspauschale nach §§ 670, 675 BGB i.V.m. Vorbem. 7 Abs. 1 S. 2 VV gesondert zu vergüten und fallen nicht unter die Nrn. 7001, 7002 VV.
Soweit die hier angegriffene Auffassung meint, die geltend gemachten Auslagen in Form der Aktenversendungspauschale nach Nr. 9003 GKG-KostV, § 107 Abs. 5 OWiG seien nicht gesondert als Auslagen festsetzbar, so ist dem nicht zu folgen.
Zunächst ist festzuhalten, dass die gegenteilige Auffassung ganz unjuristisch einfach die These aufstellt, sich aber eine Begründung dieser Rechtsauffassung und erst recht eine Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Argumentation spart.
Die Einordnung der betreffenden Kosten in die Post- und Telekommunikationsentgelte nach Nrn. 7001, 7002 VV ist falsch.
Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt die Erstattung von Entgelten für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen erstattet verlangen.
Die Versendung der Akte kann schon dem Begriff nach nicht in die Kategorie der Post- und Telekommunikationsdienstleistung nach Nr. 7001 VV eingeordnet werden. Der hier vorliegenden Entscheidung des LG Leipzig nach zu urteilen, wird von diesem eine Einordnung der Versendungspauschale in die Alternative der Postauslagen vorgenommen.
Aber die Versendung der Akte durch das Gericht stellt schon keine Postdienstleistung i.S.d. Nr. 7001 VV dar.
Nach § 4 Nr. 1 PostG sind Postdienstleistungen folgende gewerbsmäßig erbrachte Dienstleistungen:
a) die Beförderung von Briefsendungen,
b) die Beförderung von adressierten Paketen, deren Einzelgewicht 20 Kilogramm nicht übersteigt, oder
c) die Beförderung von Büchern, Katalogen, Zeitungen oder Zeitschriften, soweit sie durch Unternehmen erfolgt, die Postdienstleistungen nach Buchstabe a) oder b) erbringen.
Das Gericht, die Staatsanwaltschaft oder die Ordnungsbehörde erbringen schon keine der genannten Dienstleistungen. Sie befördern die betreffenden Aktensendungen nicht, sondern geben diese seinerseits nur bei Postunternehmen in Auftrag.
Hinzu kommt,...