Zwangsvollstreckungsmaßnahmen stellen gem. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG eine selbstständige und damit gesondert zu vergütende Angelegenheit des Rechtsanwalts dar. § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG definiert die Angelegenheit für das Vollstreckungsverfahren abweichend vom § 15 Abs. 1 RVG. Jede einzelne Vollstreckungsmaßnahme ist eine eigene Angelegenheit. Die Vollstreckungsmaßnahme ist zu unterscheiden von den einzelnen Vollstreckungshandlungen.
Nach der Rspr. des BGH (NJW 2004, 1101) bilden "die gesamten zu einer bestimmten Vollstreckungsmaßnahme gehörenden, miteinander in einem inneren Zusammenhang stehenden Einzelmaßnahmen von der Vorbereitung der Vollstreckung bis zur Befriedigung des Gläubigers oder bis zum sonstigen Abschluss der Vollstreckung dieselbe gebührenrechtliche Angelegenheit".
Der sonstige Abschluss der Vollstreckungsmaßnahme kann z.B. in der Beendigung der konkreten Zwangsvollstreckungsmaßnahme bestehen, weil festgestellt wird, dass der Schuldner unpfändbar ist und weitere Möglichkeiten zur Befriedigung des Gläubigers zur Zeit nicht bestehen. Wird nach einer erfolglosen Vollstreckungsmaßnahme eine neue Vollstreckungsmaßnahme (auch der gleichen Art) beantragt, so stellt dies eine neue Angelegenheit dar, wenn durch den erheblichen Zeitablauf zwischen den beiden Vollstreckungsmaßnahmen kein innerer Zusammenhang der beiden Vollstreckungsmaßnahmen mehr besteht.
Im vorliegenden Fall hat die Gläubigerin mit Schreiben v. 22.6.2010 beim Vollstreckungsgericht eine Abschrift des Vermögensverzeichnisses angefordert. Für diese Tätigkeit hat der Gläubigervertreter eine Gebühr gem. Nr. 3309 VV berechnet. Nach Auffassung des AG ist für die Anforderung des Vermögensverzeichnisses die Gebühr gem. Nr. 3309 VV entstanden.
Es ist zu unterscheiden zwischen der Einholung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis und der Beantragung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses. Für die bloße Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis erhält der Gläubigervertreter nach der Rspr. mehrerer AG keine gesonderte Gebühr (AG Lahnstein, Beschl. v. 27.6.2002; AG Wuppertal, Beschl. v. 7.4.2010, AG Donaueschingen, Beschl. v. 22.8.2008). Nach der Rspr. des BGH (Beschl. v. 12.12.2003 – IXa ZB 234/03) kann der Rechtsanwalt für eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt während der Zwangsvollstreckung keine gesonderte Gebühr verlangen. Die Einholung einer Auskunft vom Einwohnermeldeamt und die Einholung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis sind aus Sicht des AG vergleichbare Tätigkeiten. Das AG schließt sich daher der Auffassung an, dass allein die Anforderung einer Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis nicht zu einer gesonderten Gebühr des Rechtsanwalts führt. Im Falle der Übersendung einer Abschrift des Vermögensverzeichnisses ist dies jedoch anders. Hier nimmt der Rechtsanwalt nicht nur die Information entgegen sondern prüft das Vermögensverzeichnis auf vorhandene Anhaltspunkte für weitere Vollstreckungsmaßnahmen. Diese Tätigkeit rechtfertigt die Gebühr gem. Nr. 3309 VV. Der Gläubigervertreter hat am 22.6.2010 nicht nur eine Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis angefordert sondern das Vermögensverzeichnis des Schuldners und kann daher für diese Tätigkeit eine Gebühr abrechnen.
Der erneute Vollstreckungsauftrag wurde erst am 27.12.2011 erteilt. Bei einem Zeitraum von 18 Monaten ist kein innerer Zusammenhang mehr zu der vorherigen Vollstreckungsmaßnahme gegeben, sodass es sich hier um eine neue Angelegenheit handelt, für die eine neue Gebühr gem. Nr. 3309 VV entsteht. Die Tätigkeit des Gläubigervertreters im Juni 2010 ist insofern auch keine vorbereitende Tätigkeit für die jetzige Zwangsvollstreckungsmaßnahme. Die Gebühr gem. Nr. 3309 VV kann im vorliegenden Fall zweifach geltend gemacht werden.