BGB §§ RVG § 15a RVG VV Nr. 2300
Leitsatz
Es besteht kein Bedürfnis, auch den Teil der Geschäftsgebühr zu titulieren, der in der Verfahrensgebühr durch Anrechnung aufgeht.
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 17.1.2012 – 24 U 78/11
1 Aus den Gründen
… b) Die Klägerin kann weiter als Schadensersatz von der Beklagten Zahlung der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten beanspruchen; nachdem sie zwischenzeitlich belegt hat, die anwaltliche Forderung beglichen zu haben, ist sie nicht mehr auf einen Freistellungsanspruch zu verweisen.
Der Höhe nach kann sie Erstattung nur von 313,86 EUR verlangen. Im vorliegenden Verfahren kann die Klägerin nämlich nur eine 0,65-Geschäftsgebühr geltend machen. Im Übrigen besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die weitere Gebühr auf die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machende Verfahrensgebühr anzurechnen ist.
Nach Inkrafttreten des § 15a RVG am 15.8.2009 hat der BGH in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass die Vorschrift auch auf sogenannte Altfälle mit der Folge Anwendung findet, dass gegenüber dem Gegner die volle Verfahrensgebühr auch in den Fällen festzusetzen ist, in denen schon eine Geschäftsgebühr entstanden ist (BGH, Beschl. v. 2.9.2009 – II ZB 35/07, ZIP 2009, 1927; ausführlich BGH, Beschl. v. 9.12.2009 – XII ZB 175/07; Beschl. v. 11.3.2010 – XI ZB 82/08; Beschl. v. 24.3.2010 – XII ZB 227/09; Beschl. v. 29.4.2010 – V ZB 38/10; jetzt auch Beschl. v. 14.9.2010 – VIII ZB 33/10, AGS 2010, 473; ferner Beschl. v. 28.10.2010 – VII ZB 15/10). Dann besteht aber umgekehrt kein Bedürfnis, zusätzlich auch den Teil der Geschäftsgebühr zu titulieren, der in der Verfahrensgebühr durch Anrechnung aufgeht. Diese Verfahrensweise entsprach der ganz überwiegenden Praxis (vgl. etwa OLG Hamburg MDR 2007, 57; OLG Frankfurt NJW-RR 2007, 1189; KG JurBüro 2006, 202; OLG Stuttgart JurBüro 2008, 23) vor Erlass der Entscheidung des VIII. Zivilsenats des BGH v. 22.1.2008 – VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323); die Einführung des § 15a RVG sollte der Klarstellung dienen, dass weiterhin in diesem Sinne verfahren werden solle (vgl. BGH, Beschl. v. 29.4.2010 – V ZB 38/10, a.a.O.).
Es ergibt sich damit folgende Berechnung:
375,00 EUR Gebühr, x 0,65 = |
243,75 EUR |
Kostenpauschale |
20,00 EUR |
19 % Mehrwertsteuer |
50,11 EUR |
|
313,86 EUR |
Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.
2 Anmerkung
Die Entscheidung ist unzutreffend und widerspricht der insoweit noch gültigen Rspr. des BGH. Es ist zu hoffen, dass diese abwegige Entscheidung ein Einzelfall bleiben wird und keine Nachahmer findet.
Norbert Schneider