ZPO § 91a GKG-KostVerz. Nr. 1210
Leitsatz
Hat das erstinstanzliche Gericht gem. § 91a ZPO über die Kosten des Rechtsstreits entschieden, ohne dass die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt, ist eine 3,0-Gerichtsgebühr gem. Nr. 1210 GKG-KostVerz. in Ansatz zu bringen. Eine entsprechende Anwendung der Vorschriften in Nr. 1211 Nr. 2 oder 4 GKG-KostVerz., nach denen sich die Gebühr der Nr. 1210 GKG-KostVerz. auf 1,0 ermäßigt, kommt auch dann nicht in Betracht, wenn die Parteien auf eine Begründung der Kostenentscheidung und Rechtsmittel dagegen verzichten.
OLG Oldenburg, Beschl. v. 22.5.2012 – 13 W 8/12
1 Sachverhalt
Aufgrund eines in der mündlichen Verhandlung gemachten Vorschlags des Gerichts haben die Parteien in der Folgezeit einen gem. § 278 Abs. 6 ZPO gerichtlich festgestellten Vergleich geschlossen. Über die Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs sollte das Gericht gem. § 91a ZPO entscheiden, wobei die Parteien auf eine Begründung der Entscheidung und Rechtsmittel dagegen verzichteten.
Das LG hat daraufhin die Kosten gem. § 91a Abs. 1 S. 1 ZPO zu 90 % dem Kläger und zu 10 % dem Beklagten auferlegt.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat daraufhin eine 1,0-Gerichtsgebühr nach Nr. 1211 Nr. 4 GKG-Kostverz. angesetzt.
Hiergegen hat der Bezirksrevisor gem. § 66 Abs. 1 GKG Erinnerung eingelegt. Er vertritt die Ansicht, die Voraussetzungen der Nr. 1211 GKG-KostVerz. lägen nicht vor, insbesondere nicht die der Nrn. 3 oder 4. Es sei nicht das gesamte Verfahren erledigt worden. Lediglich bei bestimmten Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO komme eine Ausnahme in Betracht, wenn der richterliche Arbeitsaufwand bei der abschließenden Entscheidung nach billigem Ermessen über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entfällt; diese Voraussetzungen lägen hier nicht vor.
Das LG hat die Erinnerung zurückgewiesen. Der Gesetzgeber habe die Absenkung der Gerichtsgebühren unter bestimmten Voraussetzungen erweitert, wenn nämlich der richterliche Arbeitsaufwand bei der abschließenden Entscheidung nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entfalle. Diese Voraussetzungen lägen vor. Über die Erwähnung der in § 91a ZPO genannten Formulierungen hinaus habe die Kammer keine weitere Auseinandersetzung mit dem Streitstoff oder den Erfolgsaussichten getroffen, insbesondere keine Begründung der Entscheidung angeführt. In diesem Falle ermäßige sich die Gerichtsgebühr auf eine Verfahrensgebühr "entsprechend Nr. 1323 GKG-KostVerz".
Die Erinnerung hatte Erfolg.
2 Aus den Gründen
Die Voraussetzungen der Nr. 1211 Nrn. 3 oder Nrn. 4 GKG-KostVerz. liegen nicht vor.
Nach Nr. 1211 Nr. 3 GKG-KostVerz. ist eine Beendigung des gesamten Verfahrens erforderlich; und zwar einschließlich der Kostenentscheidung (vgl. OLG Celle JurBüro 2011, 488; Hartmann, KostG, 42. Aufl., GKG, Nr. 1211 GKG-KostVerz. Rn 16 m.w.N.). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, da der Vergleich den Rechtsstreit nur bezüglich der Hauptsache erledigt hat, während über die Kosten noch durch das Gericht nach § 91a ZPO zu entscheiden war.
Auch die Voraussetzungen der Nr. 4 sind nicht gegeben. Diese betrifft Erledigungserklärungen nach § 91a ZPO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Parteien über die Kostentragung oder die Kostenübernahmeerklärung einer Partei folgt. Die Parteien haben hier weder auf eine Kostenentscheidung verzichtet noch ist die Kostenentscheidung einem Vorschlag der Parteien gefolgt.
Auch eine entsprechende Anwendung dieser Nr. 4 auf den hier gegebenen Fall, dass die Parteien auf eine Begründung der Kostenentscheidung und auf Rechtsmittel verzichten, kommt nicht in Betracht. Denn der richterliche Arbeitsaufwand entfällt in diesem Fall nicht, da das Gericht noch über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen entscheiden muss. Der Gesetzgeber hat sich bei der Neufassung dieser Vorschrift auch mit den verschiedenen Auffassungen befasst und sich ausdrücklich dafür entschieden, eine Gebührenermäßigung eben nur für die beiden genannten Fälle zu ermöglichen (vgl. BT-Drucks 15/1971 S. 159 f.). Für eine entsprechende Anwendung dieser Gebührenvorschrift fehlt es daher an einer unbewussten Regelungslücke.
Auch eine entsprechende Anwendung der Nr. 2 kommt nach Auffassung des Senats mangels unbewusster Regelungslücke nicht in Betracht. Soweit das LG unter Berufung auf OLG Zweibrücken (FamRZ 2008, 1875) Nr. 1323 GKG-KostVerz. (gemeint ist offenbar Nr. 1223 GKG-KostVerz.) entsprechend anwenden will, übersieht es, dass diese Regelung nur für das zweitinstanzliche Verfahren gilt, während für das erstinstanzliche Verfahren – wie hier – eine solche Regelung gerade nicht vorgesehen ist. Deshalb erfolgt danach auch nur eine Ermäßigung auf 2,0 Gebühren und nicht wie in Nr. 1211 GKG-KostVerz. vorgesehen auf eine 1,0 Gebühr. Auch die Entschei...