Der Entscheidung des OLG Köln ist zuzustimmen.

Immer wieder werden Versuche unternommen, durch eine erhebliche Reduzierung des Prozessbegehrens im Berufungsverfahren auf die Streitwertberechnung Einfluss zu nehmen und damit Kosten zu sparen. Dies wird durch die in den letzten Jahrzehnten zu dieser Thematik bereits umfangreich ergangene Rspr.[1] und die kontroverse Diskussion in der Lit. anschaulich belegt.[2]

Nachdem in der älteren obergerichtlichen Rspr. zunächst die Ansicht vertreten wurde, dass eine nur der Kosten wegen erfolgte Antragsbeschränkung innerhalb der Begründungsfrist unerheblich sei,[3] wurde diese Meinung jedoch einige Zeit später wieder aufgegeben[4] und bestätigt durch den BGH[5] nunmehr entschieden, dass nur die bis zum Ablauf der Rechtsmittelbegründungsfrist gestellten Anträge maßgebend sind.[6]

Begründet wurde diese Ansicht vor allem mit dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung und dem Streben nach Rechtssicherheit durch klare und einfache Richtlinien im Kostenrecht.[7] Zudem stelle das bloße Gebrauchmachen von vorteilhaften Möglichkeiten, die das Gesetz biete, keinen Missbrauch dar.[8]

Mittlerweile hat der BGH seine Auffassung jedoch dahingehend konkretisiert, dass in Ausnahmefällen, nämlich bei missbräuchlicher Antragssenkung, durchaus eine abweichende Beurteilung gerechtfertigt ist. Ein eingeschränkter Antrag ist nach der Entscheidung des Großen Senats für Zivilsachen des BGH für die Streitwertberechnung immer dann nicht maßgeblich, wenn er offensichtlich nicht auf die Durchführung des Rechtsmittels gerichtet ist,[9] d.h. wenn der Berufungskläger durch die Reduzierung seines Begehrens erkennen lässt, dass es ihm um eine Sachentscheidung des Gerichtes nicht mehr geht.[10]

Dieser Ansicht, die inzwischen vorwiegend sowohl im Schrifttum als vorzugswürdig anerkannt wird[11] als auch durch die jüngere obergerichtliche Rspr. immer wieder bestätigt wird,[12] ist uneingeschränkt zu folgen. Zwar bestimmt sich der Rechtsmittelstreitwert nach § 47 Abs. 1 GKG grundsätzlich weiterhin nach dem Antrag des Rechtsmittelführers, was generell auch sinnvoll erscheint, da es für diesen durchaus Gründe geben kann, im Falle eines Unterliegens das erstinstanzliche Urteil nach umfassender Prüfung nur teilweise und nicht in vollem Umfang anzugreifen. Auch sollte in den Fällen, in denen ein Rechtsmittelführer beispielsweise erst kurz vor Fristablauf einen Rechtsanwalt mit der Mandatsübernahme beauftragt, insbesondere, wenn der Rechtsanwalt das erstinstanzliche Verfahren nicht durchgeführt hat und sich deshalb mit den Erfolgsaussichten bisher überhaupt noch nicht beschäftigen konnte, ein gegebenenfalls eingeschränkter Antrag bei der Streitwertfestsetzung Berücksichtigung finden, wenn er denn nachvollziehbar erscheint bzw. zumindest Anhaltspunkte für eine willkürliche Herabsetzung fehlen. Denn der Gesetzgeber hat sich klar dafür entschieden, dem Rechtsmittelführer bis zum Ende der Rechtsmittelbegründungsfrist auch Zeit für die Antragstellung einzuräumen. Es kann daher rechtlich nicht zu beanstanden sein, wenn der Rechtsmittelführer diesen Spielraum zu seinen Gunsten auch in vollem Umfang ausschöpft.[13]

Andererseits darf aber auch nicht außer Acht gelassen werden, dass bei einem zu strikten Festhalten ausschließlich an den Anträgen der Missbrauchsgefahr geradezu Tür und Tor geöffnet sind, da dadurch der Streitwert vom Rechtsmittelführer beliebig, d.h. unter Umständen sogar ganz extrem, wie etwa im oben genannten Verfahren, reduziert werden kann. Dies führt zu dem nicht hinnehmbaren Ergebnis, dass sowohl die Staatskasse als auch der gegnerische Rechtsanwalt kosten- und gebührenmäßig deutlich schlechter stehen als der Anwalt des Rechtsmittelführers. Denn dieser kann, anders als die beiden anderen, die nur nach dem gerichtlich festgesetzten verminderten Wert abrechnen dürfen, seine Gebühren noch aus der vollen Summe verlangen, sofern das ausdrücklich seinem ursprünglichen Mandatsauftrag entspricht.[14] Auch ist das Interesse des Rechtsmittelführers, die Rechtsverfolgung für sich selbst so günstig wie möglich zu gestalten, nicht schutzwürdig und muss deshalb im Streitwertfestsetzungsverfahren zurücktreten.

Eine restriktive Auslegung des § 47 Abs. 1 S. 1 GKG dahingehend, dass willkürliche Anträge, wobei bezüglich deren Vorliegens immer eine sorgfältige Einzelfallprüfung nach objektiven Maßstäben vorgenommen werden muss,[15] nicht zu einer verringerten Streitwertfestsetzung führen, ist demnach die einzige Möglichkeit, ein weiteres Ausufern der Unsitte des Stellens von unsinnigen Anträgen bzw. Scheinanträgen zu verhindern.

Das hat auch das OLG Köln in seinem oben genannten Beschluss zutreffend entschieden und noch einmal ausdrücklich darauf hingewiesen und bestätigt, dass in begründeten Ausnahmefällen, also bei einem Antrag, der offenkundig nur zum Zwecke der Kostenminimierung gestellt war, dieser unbeachtlich ist und für die Streitwertfestsetzung allein die durch das angefochtene Urteil begründete Beschwer des Rechtsmittelführer...

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