Das dürfen BGH und Anwälte in diesem Jahr gleichermaßen beherzigen, denn sie stehen sich wechselseitig in vielerlei Hinsicht in nichts nach:
Führen wir uns noch einmal die Entscheidungen des BGH zur Terminsgebühr vor Augen: Nach Vorbem. 3 Abs. 3, 3. Var. VV erhält der Anwalt eine Terminsgebühr, wenn er mit dem Gegner Besprechungen zur Erledigung oder zur Vermeidung eines Verfahrens führt. Obwohl der Wortlaut eindeutig ist, diskutiert der BGH allen Ernstes seit 2006 (Beschl. v. 1.2.2007 – V ZB 110/06, AGS 2007, 298), ob die Terminsgebühr nur in solchen Verfahren entstehen kann, für die eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Der BGH hatte sich damals mit der Frage auseinanderzusetzen, ob bei einer außergerichtlichen Besprechung der beteiligten Anwälte in einem Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nach § 544 ZPO eine Terminsgebühr anfallen kann. Er verneinte dies und sein eigens hierfür ausgewähltes Argument war, dass in Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach § 544 ZPO eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei. Dass der Gesetzgeber einen Gebührentatbestand für die Terminsgebühr geschaffen hat, interessierte den BGH ebenso wenig wie die Tatsache, dass im Mahnverfahren, in dem es keine gerichtlichen Termine geben kann, ebenfalls eine Terminsgebühr vorgesehen ist (Vorbem. 3.3.2 VV). Der Beschluss des BGH v. 28.2.2012 – XI ZB 15/11, AGS 2012, 274, offenbart, dass er auch im Kalenderjahr 2012 an der allein von ihm erdachten und von gesetzlichen Grundlagen weit entfernt liegenden Auffassung festhält. Zum 1.7.2013 soll durch das 2. KostRMoG klargestellt werden, dass die Terminsgebühr für Besprechungen zur Erledigung oder zur Vermeidung eines Verfahrens eine mündliche Verhandlung nicht voraussetzt, sondern die Einschränkung der obligatorischen mündlichen Verhandlung nur für die Fälle der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV gelten soll. Es besteht Hoffnung, dass die beabsichtigte Gesetzesänderung der falschen Auffassung des BGH beginnend ab dem 1.7.2013 ein Ende bereitet und auch die Anwälte lernen, die ihnen zustehenden Gebühren bestimmungsgemäß einzufordern.
Seit Inkrafttreten des RVG entsprach es ganz überwiegender Auffassung, dass die Kriterien "Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit" Rechtsbegriffe seien, die in vollem Umfang vom Gericht überprüft werden können. Konnten diese Kriterien vom Anwalt nicht dargelegt und bewiesen werden, blieb es in Zivilsachen beim Ansatz der sog. Schwellengebühr von 1,3 (Anm. zu Nr. 2300 VV). Der IX. Senat des BGH (AGS 2011, 120) hatte die Auffassung vertreten, die Frage, ob Umfang oder Schwierigkeit gegeben seien, unterliege der Toleranz. Der VI. Senat (AGS 2012, 220) bestätigte die falsche Auffassung des IX. Senats, während der VIII. Senat (AGS 2012, 373) zu den dogmatischen Grundlagen zurückgekehrt ist und klargestellt hat, dass es keinen Toleranzbereich zu Gunsten des Anwalts gebe, sondern Umfang und Schwierigkeit vom Gericht in vollem Umfang überprüfbar seien. Um dem BGH zukünftig weitere etwaige unberechenbare Wege zu verschließen, hat der Gesetzgeber auch hier reagiert und sieht in Art. 8 Abs. 2 Nr. 11 des 2. KostRMoG eine Neuregelung der Nrn. 2300 und 2301 VV vor, auch um der Fehlvorstellung der Anwälte entgegenzuwirken, es könne bedenkenlos eine 1,5-Gebühr abgerechnet werden.
Das Gericht hat den Streitwert festzusetzen, wenn im Verfahren Gerichtsgebühren erhoben werden und sich diese nach dem Streitwert (§ 3 GKG) berechnen. Eine Streitwertfestsetzung unterbleibt, wenn entweder keine Gerichtsgebühren erhoben werden oder wenn zwar Gerichtsgebühren anfallen, diese aber nicht nach dem Wert berechnet werden. Simple, schon immer geltende Grundsätze des Kostenrechts, die weder der BGH noch die Anwälte zu berücksichtigen wissen und deshalb zu aus der Luft gegriffenen Wertfestsetzungen gelangen, die vom Anwalt nicht angegriffen werden. Der BGH setzt regelmäßig in Kostensachen für das Rechtsbeschwerdeverfahren einen Streitwert fest, obwohl in Rechtsbeschwerdeverfahren die Kostenentscheidung oder Kostenfestsetzung betreffend ausschließlich Festgebühren erhoben werden. Der BGH war ferner mit einem Verfahren nach Teil 6 Abschnitt 3 VV befasst (22.8.2012 – XII ZB 295/12; ebenso Beschl. v. 12.9.2010 – XII ZB 18/12; 8.8.2012 – XII ZB 671/11). Es erging eine Streitwertfestsetzung. Hätte sich der XII. Senat ernsthaft Gedanken über die Wertfestsetzung gemacht, hätte er sehen müssen, dass eine Wertfestsetzung unzutreffend war. Es gibt nämlich keine Wertvorschrift für Unterbringungssachen, und zwar gerade deshalb, weil solche Verfahren nicht nach dem Wert abgerechnet werden. Er hat dann auch noch auf § 42 Abs. 3 FamGKG (den Auffangwert in Familiensachen) abgestellt, wobei spätestens hier hätte auffallen müssen, dass dies nicht richtig sein kann, weil das FamGKG – wie der Name schon sagt – nur in Familiensachen gilt.
Diese Beispiele zeigen, dass es nicht immer phantasievoller Auslegungen vermeintlicher Regelungslücken und schon gar keiner neuen gesetzlichen Vorschrifte...