Die Entscheidung ist m.E. unzutreffend.
Zu Leitsatz 1)
Aus dem Gesetzeswortlaut ergibt sich nicht, ob es sich um einen bestandskräftigen Nichteröffnungsbeschluss handeln muss, oder ob auch der anfechtbare und später wieder aufgehobene Nichteröffnungsbeschluss ausreicht.
Für den vergleichbaren Fall der Einstellung ist dies allerdings gesetzlich geregelt.
Im Falle einer Einstellung stellt das Gesetz nämlich ausdrücklich nicht darauf ab, dass diese endgültig ist bzw. bestandskräftig wird. Dort reicht eine "nicht nur vorläufige" Einstellung.
Im Falle der Einstellung ist auch in der Rspr. anerkannt, dass eine einmal verdiente Gebühr für eine nicht nur vorläufige Einstellung dem Anwalt erhalten bleibt, selbst dann, wenn das Verfahren nachträglich fortgeführt wird.
Beispiel
Das Ermittlungsverfahren wird nach § 170 Abs. 2 StPO mangels Tatverdacht eingestellt. Auf die Beschwerde des Anzeigenerstatters hin wird das Verfahren fortgesetzt und Anklage erhoben.
Die einmal verdiente zusätzliche Gebühr bleibt dem Anwalt erhalten und entfällt nicht.
Dies wiederum würde dafür sprechen, dass auch ein Nichteröffnungsbeschluss die zusätzliche Gebühr auslöst, selbst wenn die Nichteröffnung – wie hier – angefochten und aufgehoben wird.
Ein weiteres Argument spricht gegen die Entscheidung des LG Potsdam. Das Gericht weist darauf hin, dass die zusätzliche Gebühr entstehen soll, wenn die Hauptverhandlung vermieden wird und es also infolge der Nichteröffnung oder Einstellung nicht zur Hauptverhandlung kommt. Dies ist aber auch nicht richtig. So hat bereits der BGH entschieden, dass auch nach einem Hauptverhandlungstermin die zusätzliche Gebühr noch anfallen kann. Die zusätzliche Gebühr setzt also nicht voraus, dass es zu überhaupt keinem Hauptverhandlungstermin gekommen ist.
Auch Sinn und Zweck sprechen gegen die Auslegung des LG Potsdam.
Die Vorschrift der Nr. 4141 VV soll für den Anwalt einen Anreiz schaffen, sich rechtzeitig um die Erledigung des Verfahrens zu bemühen. Haben seine Bemühungen in der Instanz Erfolg, dann soll ihm die zusätzliche Gebühr zustehen.
Wenn der Anwalt die zusätzliche Gebühr nur verdienen könnte, wenn die Nichteröffnung bestandskräftig wird, würde der Zweck verfehlt, weil dann der Anreiz für den Anwalt, sich um eine Anstellung zu bemühen, geringer ist. Er muss nämlich damit rechnen, dass seine gesamte Arbeit in der Instanz sinnlos war, wenn das AG – wie hier – richtigerweise die Hauptverhandlung nicht eröffnet, dieser Beschluss aber aufgrund einer Beschwerde dann wieder aufgehoben wird.
Zu Leitsatz 2)
Auch insoweit halte ich die Entscheidung für unzutreffend. Gegenstand der Festsetzung ist der Erstattungsanspruch des Freigesprochenen. Der Freigesprochene aber schuldet seinem Anwalt den Ersatz der Aktenversendungspauschale, da der Anwalt diese Kostenposition zu Recht in seine Rechnung aufgenommen hat. Ob der Anwalt diese Position (schon) bezahlt hat, ist unerheblich. Er schuldet diese jedenfalls der Landeskasse und darf sie daher dem Mandanten berechnen.
Wäre die Auffassung des Gerichts insoweit zutreffend, hätte auch keine Umsatzsteuer (Nr. 7008 VV) festgesetzt werden dürfen. Denn auch diese hatte der Anwalt bei Rechnungserstellung ja noch gar nicht an das Finanzamt bezahlt. Die Umsatzsteuer wird nämlich erst im Nachhinein berechnet und fällig.
Norbert Schneider