Leitsatz
Bislang waren sich fast alle Gerichte darüber einig, dass beim Ablegen einer angeforderten Gerichtsakte in das Anwaltspostfach bei Gericht keine Aktenversendungspauschale anfällt. Doch nun schlägt das OLG Koblenz einen anderen Weg ein.
Sachverhalt
Anwälte mit Kanzleisitz in Montabaur baten um Einsicht in Akten des AG Montabaur. Dem Antrag wurde stattgegeben, die Akten in ein Anwaltsfach in der Wachtmeisterei des Gerichts gelegt. Dort holte ein Mitarbeiter der Rechtsanwälte die Akten ab. Nach Einsicht veranlassten die Anwälte, dass die Akten zum AG zurückgebracht wurden. AG und LG haben sich auf den Standpunkt gestellt, trotz der von den Anwälten veranlassten Abholung der Akten bei Gericht sei die Aktenversendungspauschale angefallen. Die Pauschale decke nicht nur Portokosten, sondern gleichermaßen den gerichtlichen Arbeitsaufwand ab für das Prüfen des Antrags, die Aktenkontrolle, den Transport der Akten von der Geschäftsstelle zur Wachtmeisterei, das dortige Einlegen der Akten in das Fach der Rechtsanwälte und die Überwachung der Rückgabe. Der Sache nach erspare die Justiz nur die Portokosten. Das sei aber kein durchschlagender Sachgrund, da die zu erhebenden Auslagen vom Gesetzgeber pauschaliert seien.
Werden die Akten dem Rechtsanwalt zur Einsichtnahme in seine Kanzlei überlassen, steht außer Zweifel, dass bei Gericht erheblicher Mehraufwand entsteht, den die Aktenversendungspauschale abgelten soll.
Rechtsgrundlage für die Erhebung der Pauschale ist § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 Abs. 2 GKG, der auf das Kostenverzeichnis der Anlage 1 verweist. Nach Nr. 9003 des Kostenverzeichnisses beträgt die Pauschale "für die Versendung von Akten" je Sendung einheitlich 12 EUR. Unter einer Versendung versteht der allgemeine Sprachgebrauch die Übergabe des zu transportierenden Gegenstands an einen von Absender und Adressat verschiedenen Dritten, der entsprechende Beförderungsleistungen anbietet (DHL, Hermes, DPD, Transoflex pp.) und die Akten dementsprechend aus dem Gerichtsgebäude an einen außerhalb gelegenen Ort zum Adressaten bringt.
Nach Auffassung des OLG Koblenz muss auch ein Transport durch die Wachtmeister des OLG zum LG Koblenz als Versendung angesehen werden, weil es der Sache nach keinen Unterschied macht, ob ein derartiger Transport entgeltlich durch externe Dritte oder durch justizeigenes Personal, jedoch gleichermaßen im ausschließlichen Interesse der antragstellenden Rechtsanwälte erfolgt.
Dementsprechend falle die Aktenversendungspauschale auch dann an, wenn die Akten zur Einsichtnahme durch den Rechtsanwalt zwischen verschiedenen Dienstgebäuden desselben Gerichts transportiert werden müssten. Bisher befindet sich das OLG Koblenz damit in der Mindermeinung.
Link zur Entscheidung
OLG Koblenz, Beschluss v. 14.1.2013, 14 W 19/13.