Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Je nach Ausgangssituationen kommen unterschiedliche Gesprächsansätze im Umgang mit Betroffenen infrage:
4.1 Fürsorgegespräch
Wer immer Anzeichen von Alkoholmissbrauch bei einem Betroffenen feststellt, ohne dass es dadurch zu einer offenkundigen Pflichtverletzung kommt, kann ihn auf kollegialer Ebene ohne jeden arbeitsrechtlichen Charakter ansprechen:
- Wahrnehmung darstellen, nach Problemen fragen;
- deutlich machen, dass ein solches Gespräch aus dem Wunsch entsteht, den Betroffenen zu unterstützen;
- auf Hilfsangebote hinweisen.
Je häufiger und deutlicher ein Betroffener solche Rückmeldungen bekommt, desto größer wird für ihn der Druck, selber etwas zu unternehmen.
Trunkenheit macht arbeitsunfähig
Offensichtlich alkoholisierte Mitarbeiter müssen im Rahmen der Fürsorgepflicht vom Arbeitsplatz entfernt und begleitet nach Hause gebracht werden. In kritischen Fällen, wenn besondere Gefahren drohen (Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss, Betrieb gefährlicher Maschinen), sind hier alle Mitarbeiter zur Aufmerksamkeit verpflichtet.
4.2 Klärungsgespräche
Klärungsgespräche werden durch den Vorgesetzten dann geführt, wenn deutliche Pflichtverletzungen erkennbar sind, der Hintergrund aber unklar ist.
- Pflichtverletzungen aufzeigen;
- Verhaltensänderung anmahnen;
- Fürsorge signalisieren und auf Hilfsangebote hinweisen;
- Gesprächsnotiz fertigen, die aber nur die Beteiligten erhalten.
Auf Wunsch kann zu einem solchen Gespräch der Betriebsrat zugezogen werden.
4.3 Stufengespräche
Stufengespräche sind Bestandteil von Stufenplänen (s. u.). Daran nehmen i. d. R. mehrere betrieblich Verantwortliche und Betriebs-/Personalrat teil. Themen sind:
- offensichtlich suchtbedingte Pflichtverletzungen (Ausfallzeiten, Leistungsabfälle, Alkoholvorräte usw.),
- ein bestimmtes Verhalten fordern und Sanktionen, abgestimmt mit Hilfsangeboten und Beobachtungszeiträumen, festlegen (z. B.: Kontaktaufnahme mit Suchtberatung innerhalb von 4 Wochen, sonst nächste Prozessstufe).
Stufengespräche werden in der Personalakte dokumentiert.
Informationen zu Stufenmodellen
Stufenpläne sind unverzichtbar zur Intervention bei Suchtproblemen und sollten in Betriebs- oder Dienstvereinbarungen fixiert werden und alle psychoaktiven Substanzen erfassen (auch Medikamente, illegale Drogen). Sie haben immer das Ziel, Betroffene dazu zu bringen, Beratungs- und Hilfsangebote anzunehmen und so das Suchtverhalten zu durchbrechen. Sie stellen aber auch einen arbeitsrechtlichen Prozess dar. Er beinhaltet und regelt in letzter Konsequenz die Kündigung, möglichst mit Aussicht auf Wiedereinstellung nach erfolgter Therapie. Enthalten sind aber auch Regelungen, wie bei erneuter Auffälligkeit nach längeren unkritischen Phasen vorzugehen ist.
Vor Ort bieten örtliche Suchtberatungsstellen persönliche Beratung an.
Im Internet gibt es breite Informations- und Unterstützungsangebote z. B. über
- DHS Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (auch speziell auf die Arbeitswelt bezogen),
- BZgA Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung,
- DGUV, Berufsgenossenschaften.
Verfügbar sind Informationen zum Umgang mit Alkoholkranken im Betrieb und Muster für Stufenpläne sowie zum Teil auch Trainings, in denen die oft schwierigen Gespräche mit Abhängigen geübt werden können.