Leitsatz
Folgende Klauseln sind in einem Wohnraummietvertrag über eine frei finanzierte Wohnung unwirksam:
- Bei verspäteter Zahlung (Verzug) ist der Vermieter berechtigt, etwaige Mehrkosten sowie Verzugszinsen in der gesetzlichen Höhe, mindestens aber 8 % jährlich zu erheben.
- Der Mietbeginn kann sich infolge von Verzögerungen des Zeitpunkts der Bezugsfertigkeit bis zu 3 Monaten verzögern, ohne dass sich hieraus Ansprüche des Mieters ergeben. Sollte sich der Mietbeginn um mehr als 3 Monate verzögern, wird der Mieter nach Bekanntwerden zeitnah schriftlich informiert und ist in diesem Fall berechtigt, von diesem Vertrag zurückzutreten.
- Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im einzelnen Fall zugelassenen Mieterhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstückslasten aller Art gelten vom Zeitpunkt der Zulässigkeit an als vereinbart, ohne dass es einer Mieterhöhungserklärung gemäß § 10 WoBindG bedarf.
- Dem Vermieter und seinem Beauftragten steht die Besichtigung der Mieträume von 8.00 bis 18.00 Uhr zur Prüfung ihres Zustandes frei, sofern er dem Mieter die Besichtigung in der Regel mindestens 24 Stunden vorher angekündigt hat.
- Der Mieter hat die Besichtigung der Mieträume im Fall einer Kündigung des Mietverhältnisses oder bei beabsichtigtem Verkauf des Grundstücks oder der Wohnung in der Zeit von 8.00 bis 18.00 Uhr zu gestatten.
- Nebenabreden, Stundung, Änderungen und Ergänzungen des Vertrags und anderes sind nur wirksam, wenn sie schriftlich vereinbart werden. Die Abänderung dieser Schriftformklausel ist nur wirksam, wenn sie schriftlich erfolgt.
- Nachträgliche Änderungen und Ergänzungen dieses Vertrags gelten nur bei schriftlicher Vereinbarung.
- Die Miete kann nach derzeitiger Rechtslage umsatzsteuerpflichtig sein. Wir behalten uns vor, die Umsatzsteuer nachzuerheben, wenn sich durch höchstrichterliche Urteile, Steuerbescheid oder Ähnliches herausstellt, dass die Steuerpflicht auch für den vorliegenden Fall zutrifft.
(Leitsatz der Redaktion)
Normenkette
BGB §§ 305 ff.
Kommentar
1 Zu Klausel 1: Pauschalierung bei Verzug
Die Vertragsklausel verstößt gegen § 309 Nr. 5a BGB. Die Vorschrift betrifft Vereinbarungen über die Pauschalierung von Schadensersatzansprüchen. Danach ist eine solche Vereinbarung unwirksam, wenn die Pauschale den in den geregelten Fällen nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge zu erwartenden Schaden übersteigt. Maßstab für die Fälle des Zahlungsverzugs ist der gesetzliche Zinssatz. Dieser beträgt für das Jahr 5 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz (§ 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Basiszinssatz ab 1.1.2013
Der Basiszinssatz liegt derzeit bei -0,13 %; er ist seit 1.1.2013 erstmalig in den Negativbereich gerutscht.
Eine Mindestverzinsung von 8 % liegt also weit über dem gesetzlichen Zinssatz. Dies führt zur Unwirksamkeit der Klausel.
Nachteilige Zinsklausel ist unwirksam
Im Ergebnis bedeutet dies, dass Zinsklauseln unwirksam sind, wenn sie zum Nachteil des Mieters von der gesetzlichen Regelung abweichen.
2 Zu Klausel 2: Verzögerte Übergabe der Mietsache
Nach der gesetzlichen Regelung liegt das Risiko für die Folgen einer verzögerten Fertigstellung der Mietsache beim Vermieter. Dem Mieter stehen im Fall einer nicht vertragsgemäßen Übergabe die gesetzlichen Gewährleistungsrechte zu. Danach schuldet der Vermieter in bestimmten Fällen Schadens- oder Aufwendungsersatz (§ 536a BGB).
Außerdem kann der Mieter nach § 543 Abs. 2 Nr. 1 BGB kündigen. Das Kündigungsrecht kann vertraglich nicht abbedungen werden (§ 569 Abs. 5 Satz 1 BGB). Das Kündigungsrecht wird durch die Vertragsklausel ausgeschlossen; aus diesem Grund ist sie unwirksam.
3 Zu Klausel 3: Mietgleitklausel
Die Formularklausel ist auf die Vermietung einer preisgebundenen Wohnung zugeschnitten. Dort können die Mietvertragsparteien im Wege einer Mietgleitklausel die jeweils gesetzlich (höchst-)zulässige Kostenmiete als vertraglich geschuldete Miete vereinbaren (§ 4 Abs. 8 Satz 1 NMV).
Nach der vorliegenden Vertragsklausel soll darüber hinaus bei einer Änderung der gesetzlich (höchst-)zulässigen Kostenmiete diese ohne Weiteres geschuldet werden. Eine solche Klausel ist auch bei öffentlich gefördertem Wohnraum unwirksam (BGH, Urteil v. 8.4.2009, VIII ZR 233/08, WuM 2009 S. 354). Bei frei finanziertem Wohnraum ist die Klausel unwirksam, weil sie geeignet ist, den Mieter über das gesetzlich zwingende Zustimmungserfordernis (§§ 557 ff. BGB) zu täuschen.
4 Zu Klauseln 4 und 5: Besichtigen und Betreten der Mietsache
Nach h.M. verstößt eine Formularklausel, die dem Vermieter das Recht einräumt, die Mietsache in regelmäßigen Abständen zu betreten und zu besichtigen, gegen § 307 Abs. 2 BGB (LG München II, Beschluss v. 21.7.2008, 12 S 1118/08, GE 2009 S. 1317; AG Berlin-Mitte, Urteil v. 29.3.2010, 16 C 59/09, GE 2010 S. 1425; a.A.: AG Münster, Urteil v. 18.12.2008, 6 C 4949/08, GE 2009 S. 1323).
Ebenso ist eine Vertragsklausel unwirksam, wonach eine Besichtigung ohne vorherige Ankündigung möglich ist (AG Hamburg, Urteil v. 23.2....