Leitsatz
Das KG hatte sich mit der Frage der Anfechtbarkeit einer einstweiligen Anordnung zur elterlichen Sorge auseinanderzusetzen. Vor Erlass der einstweiligen Anordnung war zwar mündlich verhandelt, jedoch anschließend nicht sogleich entschieden worden.
Sachverhalt
Zur Vorbereitung der Entscheidung über den Antrag des Jugendamtes über die Entziehung der Personensorge hatte am 29.3.2007 eine mündliche Verhandlung vor dem FamG stattgefunden. Die noch am gleichen Tage erlassene einstweilige Anordnung regelte die Einholung eines Sachverständigengutachtens verbunden mit der Auflage an den Vater, sich nicht in der Wohnung aufzuhalten, um Beeinflussungen des Kindes während der Begutachtung zu vermeiden sowie mit dem Vorbehalt, die Personensorge im Wege einstweiliger Anordnung zu entziehen.
Mit der angefochtenen einstweiligen Anordnung vom 7.8.2007 hat das AG den Eltern das Aufenthaltsbestimmungsrecht einstweilen entzogen und auf das Jugendamt als Pfleger übertragen. Zur Begründung wurde angeführt, dass es nicht möglich gewesen sei, das Kind frei von möglichen Beeinflussungen durch den Sachverständigen untersuchen zu lassen. In seiner Nichtabhilfeentscheidung vom 18.9.2007 stützte sich das FamG zusätzlich auf das zwischenzeitlich vorliegende Gutachten vom 10.9.2007.
Gegen die einstweilige Anordnung vom 7.8.2007 legten sowohl die Eltern als auch die Großmutter Beschwerde ein.
Die Rechtsmittel hatten keinen Erfolg.
Entscheidung
Das KG hielt die Beschwerden für unzulässig, da die angefochtene einstweilige Anordnung nicht aufgrund mündlicher Verhandlung erlassen worden sei und damit nicht nach §§ 621g, 620c ZPO angefochten werden könne.
Die angefochtene Entscheidung sei nicht mehr aufgrund einer mündlichen Verhandlung i.S.d. § 620c ZPO und den dort gewonnenen Erkenntnissen ergangen.
Es werde zwar auch die Auffassung vertreten, dass es ausreiche, wenn irgendwann in dem Verfahren eine mündliche Verhandlung stattgefunden habe. Damit werde - so das KG - der Sinn des Gesetzes jedoch verkannt. Entscheidend sei nach dem Wortlaut, dass die einstweilige Anordnung auf der umfassenden mündlichen Verhandlung beruhe (etwa Musielak/Borth, ZPO, 5. Aufl., § 620c Rz. 6, Johannsen/Henrich/Sedemund-Treiber, Eherecht, 4. Aufl., § 620c ZPO Rz. 3).
Nur in diesem Fall lasse eine erneute mündliche Verhandlung nach § 620b Abs. 2 ZPO keine neuen Erkenntnisse erwarten. Eine andere Auffassung würde - wie im vorliegenden Fall - dazu führen, dass nach einer anfangs vom FamG durchgeführten Verhandlung und einem am Terminstag erlassenen Beschluss jedwede im Anschluss irgendwann ergehende weitere einstweilige Anordnung aufgrund mündlicher Verhandlung erlassen würde, ohne dass sie Gegenstand der Erörterung gewesen sei. Dies würde dem Erfordernis der Abgrenzung zwischen Abänderungs- und Beschwerdeverfahren nicht gerecht.
Das von der Gegenseite vertretene Argument, das Verfahren würde mit der Zurückweisung einer - unstatthaften - Beschwerde verzögert, hielt das KG für nicht überzeugend. Mit dieser Argumentation ließe sich die Statthaftigkeit einer an sich unstatthaften Beschwerde auch begründen, wenn unzweifelhaft eine mündliche Verhandlung in erster Instanz nicht erfolgt sei.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 23.10.2007, 16 WF 234/07