Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Angefochtener Verwalterbestellungs-Beschluss: Keine Hauptsacheerledigung durch nachfolgende, ebenfalls angefochtene neue Bestellungsbeschlüsse
Zur majorisierend-rechtsmissbräuchlichen Ausübung einer Stimmenmehrheit bei der Verwalterbestellung
Übergang der Verwaltung von Einzelkaufmann auf GmbH als "dreiseitiger Vertrag"
Normenkette
§ 23 Abs. 4 WEG, § 24 Abs. 4 WEG, § 25 Abs. 2 WEG, § 26 WEG, § 12 FGG
Kommentar
1. Hauptsacheerledigung im Wohnungseigentumsverfahren ist in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen.
2. Ist Erledigung der Hauptsache schon vor Entscheidung des Beschwerdegerichts eingetreten, aber vom Beschwerdegericht nicht berücksichtigt worden, hat dies auf die Zulässigkeit der sofortigen weiteren Beschwerde keinen Einfluss; es entfällt zwar bei tatsächlicher Erledigung der Hauptsache schon während des Beschwerdeverfahrens das Rechtsschutzbedürfnis für die Beschwerdeinstanz; dies hat jedoch auf die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde keinen Einfluss, da diese darauf gestützt werden kann, die Vorinstanz habe die Unzulässigkeit der sofortigen Beschwerde nicht erkannt oder der Beschwerdeführer habe keine Gelegenheit erhalten, sein Rechtsmittel auf die Kosten zu beschränken (vgl. BayObLG, WM 1992, 644/645 unter Aufgabe der früheren Rechtsprechung; Staudinger/Wenzel, § 44 Rn 45).
3. Das Verfahren über die Anfechtung eines früheren Eigentümerbeschlusses zur Verwalterbestellung erledigt sich regelmäßig nicht, so lange spätere Beschlüsse, die die früheren Bestellungen bestätigen oder für zukünftige Zeiträume einen neuen Verwalter bestellen, noch nicht bestandskräftig geworden sind. Ist hier die Gültigkeit von Folgeschlüssen noch in der Schwebe, besteht auch das Rechtsschutzbedürfnis für die Anfechtung des Erstbeschlusses fort (BGH, NJW 1989, 1087/1088; auch Rechtsgedanke des § 244 Aktiengesetz).
4. Vorliegend wurde auch ein neuer Verwalter bestellt, d.h. statt dem Einzelkaufmann eine GmbH; zwischen der bisherigen und der neuen Verwalterin besteht hier keine Personenidentität, mögen auch die tatsächlich handelnden Personen dieselben geblieben sein. Wird nämlich das Vermögen eines einzelkaufmännischen Unternehmens in eine neu gegründete juristische Person eingebracht, so geht dadurch nicht die Verwaltereigenschaft auf die juristische Person über. Das lässt sich aus § 775 BGB, § 613 BGB sowie § 168 BGB, § 673 BGB herleiten (BayObLG Z 1987, 54/57; OLG Düsseldorf, Rechtspfleger 1990, 356). Die Verwalterbestellung ist geprägt durch das Vertrauen in die Person des Vertragspartners. Solches muss nicht gleichermaßen einer juristischen Person entgegengebracht werden, selbst wenn deren organschaftliche Vertreter und Angestellte mit denen im früheren einzelkaufmännischen Geschäft identisch sind. Im übrigen verlangt eine Übernahme des Verwaltervertrages als eines "3-seitigen Vertrages" (BGHZ 96, 302) auch die Beteiligung der Wohnungseigentümer.
Insoweit kann es zweckmäßig sein, das Anfechtungsverfahren über zeitlich frühere Beschlüsse im Hinblick auf zuletzt gefasste Beschlüsse analog § 148 ZPOauszusetzen.
4. Im vorliegenden Fall hatte der Antragsgegner seine Rechtsstellung als Eigentümer mehrerer Wohnungen auch nicht missbraucht; missbräuchliche Ausübung eines Rechtsstellung ist ein unbestimmter Rechtsbegriff (als Rechtsfrage auch vom Rechtsbeschwerdesenat zu beurteilen; hRM). § 25 Abs. 2 Satz 1 WEG (Stimmrechts-Kopfprinzip) ist abdingbar und im vorliegenden Fall auch über Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung im Sinne des Wertprinzips geregelt. Die Gefahr einer Stimmenmajorisierung, d.h. der eigennützigen, sachlich nicht gerechtfertigten oder der gesetzwidrigen Ausnützung von Mehrheitsstimmen durch einen beherrschenden Wohnungseigentümer ist dadurch zu begegnen, dass Gerichte jeweils im Einzelfall zu prüfen haben, ob der "beherrschende" (majorisierende) Wohnungseigentümer in sachwidriger Weise eigene Zwecke auf Kosten der Gemeinschaft verfolgt und ein gefasster Beschluss deshalb nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig ist, ob unzulässige Rechtsausübung zu Lasten der Minderheit nach § 242 BGB vorliegt oder ob ein Beschluss gegen die Grundsätze des ordnungsgemäßen Gebrauchs oder der ordnungsgemäßen Verwaltung verstößt und dieser deshalb auf Anfechtung hin für ungültig zu erklären ist.
Im vorliegenden Fall war von einem solchen Rechtsmissbrauch trotz enger Interessenverknüpfung persönlicher und/oder wirtschaftlicher Art nicht auszugehen (was in der Entscheidung im Einzelnen näher begründet wird). Auch aus dem späteren Verhalten der Verwaltung ließen sich grundsätzlich keine zureichenden Schlüsse auf eine in Missbrauchsabsicht erfolgte Auswahl einer fachlich ungeeigneten Verwalterperson ziehen (vgl. auch OLG Zweibrücken, ZMR 1998, 50/55).
5. In III. Instanz können Anträge auch nicht mehr auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden.
Die in allen Instanzen unterlegenen Antragsteller wurden auch in die außergerichtlichen Kosten verurteilt; Geschäftswert der III. Instanz DM 5.032,-
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Bes...