1 Leitsatz
Bei einer Anfechtungsklage sind die beklagten Wohnungseigentümer notwendige Streitgenossen i. S. v. § 62 ZPO. Daher entfaltet ein prozessuales Anerkenntnis die mit ihm beabsichtigten Wirkungen nur, wenn es durch alle Streitgenossen erklärt wird. Entsprechendes gilt bei der Beschlussersetzungsklage.
2 Normenkette
WEG §§ 21 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 8, 46 Abs. 1
Sachverhalt
Wohnungseigentümer K strebt eine Reparatur der zu seinem Sondereigentum gehörenden Fensterfront und der seiner Wohnung vorgelagerten Dachterrasse an. Die Wohnungseigentümer lehnen einen entsprechenden Beschluss ab. Gegen diesen Negativbeschluss geht W im Wege der Anfechtungsklage vor und erhebt außerdem nach § 21 Abs. 4, Abs. 8 WEG eine Beschlussersetzungsklage. Wohnungseigentümer X erkennt diese Klageanträge an. Das Amtsgericht (AG) weist die Klage dennoch ab. Der von K zur Abstimmung gestellte Beschluss sei zu unbestimmt und widersprüchlich gewesen. Außerdem könnten Fensterfront und Dachterrasse später repariert werden.
Entscheidung
Die Anfechtungsklage ist nach Ansicht des Landgerichts (LG) unbegründet. Denn der von K formulierte Beschlussantrag habe eine Anweisung an den Verwalter enthalten, eigenständig Angebote einzuholen und eine geeignete Fachfirma mit der Ausführung der Arbeiten zu beauftragen. Dieses Vorgehen stehe mit dem Gesetz nicht im Einklang. Denn es obliege den Wohnungseigentümern, ein geeignetes Fachunternehmen selbst auszuwählen. Der Klage sei auch nicht teilweise stattzugeben gewesen, weil Wohnungseigentümer X die Klage anerkannt habe. Ein prozessuales Anerkenntnis gegenüber einer Anfechtungs- oder Beschlussersetzungsklage sei nur wirksam, wenn es durch alle Streitgenossen erklärt werde. Der Beschlussersetzungsklage hätte das AG hingegen stattgeben müssen. Denn nach den Feststellungen des Sachverständigen dringe im Bereich der Fensterfront zur Terrasse einschließlich der dort im Fußbodenbereich angebrachten Holzschwellen Nässe über die Dachterrasse und über nicht mehr intakte Oberflächen ein. Da K in seiner Wohnung wohne, müsse er derartige Durchfeuchtungen schon wegen der erheblichen nachteiligen Auswirkungen auf Wohnkomfort und Gesundheit sowie auf den optischen Eindruck des Sondereigentums nicht hinnehmen. Entsprechendes gelte im Hinblick auf die Reparatur der Dachterrasse. Nach den Feststellungen des Sachverständigen entspreche diese nicht den allgemein anerkannten Regeln der Technik.
Hinweis
Ein Wohnungseigentümer meint, ein im gemeinschaftlichen Eigentum stehendes Bauteil müsse dringend repariert werden. Ist es so, sind ihm die Hände gefesselt. Denn er ist nicht berechtigt, das Bauteil auf eigene Kosten zu reparieren und dann von den anderen Wohnungseigentümern Regress zu verlangen. Ferner dürfte er zu einem Eingriff auch dann nicht berechtigt sein, wenn er keine Kostenerstattung verlangt, denn diese wäre gleichsam eine Störungsbeseitigung, über die die Wohnungseigentümer aber beschließen müssen. Strebt ein Wohnungseigentümer daher eine Reparatur an, muss er die anderen Wohnungseigentümer mit seinem Wunsch befassen. Dann muss von den Wohnungseigentümern geklärt werden, ob man das Bauteil repariert, auf welche Weise man es repariert, ob man gegebenenfalls gleich modernisiert, mit welchen Werkunternehmern die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer insoweit einen Vertrag schließen soll und mit welchen Mitteln die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Forderungen des Werkunternehmers erfüllen soll.
Diesen offensichtlich steinigen und nicht kurzen Weg wollte der klagende Wohnungseigentümer abkürzen. Nach seiner Idee sollte der Verwalter schlicht angewiesen werden, eigenständig Angebote einzuholen und ein nach seinem Ermessen geeignetes Unternehmen mit der Ausführung der Arbeiten beauftragen. Ferner hat sich der klagende Wohnungseigentümer wohl vorgestellt, dass der Verwalter auch entscheidet, wo die Mittel zur Reparatur herkommen. So geht es natürlich aber nicht.
Vielmehr ist es stets Aufgabe der Wohnungseigentümer, alle diese Frage nach billigem Ermessen und nach Vorlage entsprechender Angebote und Gutachten zu entscheiden. Kein Verwalter sollte sich daher darauf einlassen, dass die Wohnungseigentümer beschließen, er solle Angebote einholen, das beste Angebot aussuchen und das Weitere veranlassen. Es ist auch nicht besser, wenn neben dem Verwalter die Verwaltungsbeiräte agieren und sich mit dem Verwalter "abstimmen" sollen.
Spannend ist im Übrigen, dass das LG meint, dass die Wohnungseigentümer im Fall kein Ermessen mehr hatten, das gemeinschaftliche Eigentum nicht sofort zu reparieren. Hier muss jeder Verwalter wissen, dass Wohnungseigentümer grundsätzlich zwar einen Anspruch auf eine Reparatur des gemeinschaftlichen Eigentums haben, aber normalerweise nicht sofort. Ein Anspruch auf sofortige Durchführung einer sachgerechten Instandsetzung – wobei die aktuellen Baustandards maßgeblich sind – besteht erst dann, wenn allein dieses Vorgehen ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. So soll es liegen, wenn solche baulichen Mängel vorhanden sind, die den z...