1 Leitsatz
Hat das Gericht nach einer erfolgreichen Anfechtungsklage die Kosten des Rechtsstreits den beklagten Wohnungseigentümern auferlegt, kann diese Kostenentscheidung nicht im Wege einer Urteilsergänzung nach § 321 ZPO in eine Kostenentscheidung nach § 49 Abs. 2 WEG a. F. abgeändert werden.
2 Normenkette
§ 49 Abs. 2 WEG a. F.; § 321 ZPO
Sachverhalt
Das AG gibt der Anfechtungsklage von Wohnungseigentümer K statt. Die Kosten des Rechtsstreits legt es den beklagten Wohnungseigentümern auf. K beantragt, diese Entscheidung zu ändern und dem Verwalter die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen – so wie er es immer angeregt hatte. K ist der Ansicht, das AG könne die Kostenentscheidung insoweit nach § 321 ZPO ergänzen.
2.1 Die Entscheidung
Das AG beurteilt die Rechtslage anders! Es sei schon fraglich, ob K durch die Entscheidung, wer die Kosten des Rechtsstreits zu tragen habe, beschwert sei. Die Kostenentscheidung führe nicht dazu, dass K mit Verfahrenskosten belastet werde und stehe auch der Geltendmachung materiell-rechtlicher Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter nicht entgegen. Letztlich könne dies jedoch dahin gestellt bleiben, da der Ergänzungsantrag jedenfalls unbegründet sei. Die Tatsache, dass das Gericht von der Möglichkeit des § 49 Abs. 2 WEG a. F. keinen Gebrauch gemacht habe, sei möglicherweise fehlerhaft, führe jedoch nicht dazu, dass das Urteil ergänzungsbedürftig sei. Habe ein Gericht – wie im Fall – über die gesamten Kosten des Rechtsstreits vollständig entschieden, sei der Kostenpunkt nicht i. S. d. § 321 ZPO übergangen worden, auch wenn über die Kosten sachlich falsch entschieden worden sein sollte.
Hinweis
- Es handelt sich um einen Fall zur Rechtslage bis zum 30.11.2020. Nach § 49 Abs. 2 WEG a. F. war es dort möglich, die Kosten einer Anfechtungsklage nicht den Wohnungseigentümern, sondern dem Verwalter aufzuerlegen. Diese Rechtslage hat sich vollständig geändert. Eine Anfechtungsklage ist einerseits nicht mehr gegen die anderen Wohnungseigentümer zu richten, sondern gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Andererseits kennt das WEG keine Möglichkeit mehr, dem Verwalter die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, wenn er durch die Verletzung seiner Pflichten die Anfechtungsklage veranlasst hat.
- Diese Rechtslage macht es nicht unbedingt einfacher. Weiterhin wird es Anfechtungsklagen geben, die durch eine Pflichtverletzung des Verwalters veranlasst wurden und bei denen es richtig wäre, dass der Verwalter die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Dies kann im aktuellen Recht allerdings nicht mehr sofort ausgeurteilt werden. Denn es braucht jetzt – wenn der Verwalter nicht freiwillig Schadensersatz leistet – einer weiteren Klage. Diese müsste von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, vertreten durch den Verwaltungsbeiratsvorsitzenden, gegen den Verwalter erhoben werden. Dieser könnte in diesem zweiten Rechtsstreit allerdings behaupten, den ersten Rechtsstreit nicht veranlasst zu haben. Um dem Verwalter diese Verteidigung abzuschneiden, wäre es daher richtig, ihm bereits im ersten Verfahren den Streit zu verkünden, damit er an die Ergebnisse des ersten Verfahrens gebunden wird. Die Streitverkündung müsste grundsätzlich von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer oder dem klagenden Wohnungseigentümer ausgehen. Vor diesem Hintergrund sollte jeder Verwalter verantwortungsvoll die Urteile über eine Anfechtungsklage prüfen und schauen, ob er diese durch eine Pflichtwidrigkeit veranlasst hat. In diesem Fall sollte er mit seiner Versicherung reden und den Schaden regulieren.
2.2 Entscheidung
AG Wiesbaden, Urteil v. 11.9.2020, 92 C 4398/14