Leitsatz
Als Unterschrift ist ein aus Buchstaben der üblichen Schrift bestehendes Gebilde erforderlich, das nicht lesbar zu sein braucht.
Sachverhalt
Das Berufungsgericht hat Zweifel an der ordnungsgemäßen Unterzeichnung einer Berufungsschrift und dazu ausgeführt, eine Unterschrift müsse zumindest einzelne Buchstaben erkennen lassen, weil es sonst am Merkmal einer Schrift fehle. Im konkreten Fall bestünde die Unterschrift lediglich aus einem Strich und einer gewellten, weitgehend gleichförmigen Linie und ließe keinen einzigen Buchstaben erkennen. Zudem liege kein die Identität des Unterzeichners ausreichend kennzeichnender individueller Schriftzug vor; das Schriftgebilde unter dem Berufungsschriftsatz dürfte von einem Dritten unschwer nachzuahmen sein. Schließlich weiche es eklatant vom Schriftgebilde unter dem erstinstanzlichen Schriftsatz ab. Der BGH hob die Entscheidung des LG auf, mit dem das Rechtsmittel als unzulässig verworfen worden war.
Entscheidung
Für eine ordnungsgemäße Unterschrift ist das Vorliegen eines die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnenden Schriftzugs erforderlich. Notwendig sind individuelle und entsprechend charakteristische Merkmale, die die Nachahmung erschweren. Der Schriftzug muss den Namen wiedergeben und die Absicht einer vollen Unterschriftsleistung erkennen lassen. Auch ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug ist als Unterschrift anzuerkennen, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Angesichts der Variationsbreite, die selbst Unterschriften einer Person aufweisen, ist regelmäßig ein großzügiger Maßstab anzulegen. Denn Sinn und Zweck des Unterschriftserfordernisses ist die äußere Dokumentation der vom Gesetz geforderten eigenverantwortlichen Prüfung des Inhalts der Berufungs- und Berufungsbegründungsschrift durch den Anwalt. Sie ist gewährleistet, wenn feststeht, dass die Unterschrift von dem Anwalt stammt.
Praxishinweis
Der BGH hatte hier, anders als das Berufungsgericht, keine Zweifel an der notwendigen Individualität der Unterschrift und verwies die Sache zu erneuten Verhandlung zurück. Dennoch sollte der sorgfältige Rechtsbeistand um eine Unterschrift bemüht sein, die einigermaßen leserlich ist. Die "gekrümmte Linie" erfüllt die gesetzlichen Mindestanforderungen sicherlich nicht.
Link zur Entscheidung
BGH-Beschluss vom 27.9.2005, VIII ZB 105/04