Leitsatz

Ein anwaltliches Organisationsverschulden liegt vor, wenn ein Rechtsanwalt einen EDV-gestützten Fristenkalender verwendet, aber nicht anordnet, dass die Eingaben in diesen Kalender jeweils durch Ausgabe der eingegebenen Einzelvorgänge über einen Drucker kontrolliert werden.

 

Sachverhalt

Das LG hatte einen Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und die Berufung des Beklagten als unzulässig verworfen. Mit seiner Rechtsbeschwerde blieb er beim BGH ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Ein anwaltliches Organisationsverschulden ist darin zu sehen, dass Eingaben in einen EDV-Fristenkalender nicht durch Ausgabe der Einzelvorgänge über den Drucker kontrolliert wurden[1]. Eine Kontrolle durch Schließen und Wiederaufrufen des Datenverarbeitungsprogramms genügt den Anforderungen der Gerichte nicht. Die Fertigung eines Kontrollausdrucks ist vielmehr unverzichtbar. Nur so können Datenverarbeitungsfehler des elektronischen Terminkalenders und Eingabefehler oder -versäumnisse erkannt und gegebenenfalls beseitigt werden.

 

Praxishinweis

Jeder Rechtsbeistand muss ein Fristenkontrollbuch führen, zweckmäßigerweise in Form eines vom allgemeinen Terminkalender getrennten Verzeichnisses. Wird der "normale" Terminkalender auch als Fristenkontrollbuch genutzt, müssen Fristabläufe besonders gekennzeichnet werden, etwa durch farbliche Abhebungen in einer gesonderten Spalte. Schon das Fehlen einer solchen Kontrollmöglichkeit ist ein Organisationsmangel, der Fristversäumnisse regelmäßig unentschuldbar macht[2]. In dieses Buch muss der Ablauf von Rechtsmittelfristen für jede Sache einzeln eingetragen werden[3]. Es ist (mindestens) einmal täglich zu kontrollieren[4]. Die Rechtsprechung lässt den Einsatz von PC-Programmen ohne Einschränkung dann zu, wenn sich die so aufgezeichneten Daten ebenso schlüssig und zwingend nachvollziehen lassen wie die notwendigen Angaben in einem herkömmlichen Fristenkontroll- und Postausgangsbuch. Dazu gehört insbesondere auch eine Sicherung gegen spätere Veränderungen und Korrekturen einmal eingegebener Daten[5].

 

Link zur Entscheidung

BGH-Beschluss vom 12.12.2005, II ZB 33/04

[1] Vgl. BGH-Beschluss vom 12.10.1998, II ZB 11/98, BB 1998, S. 2603; BFH-Beschluss vom 6.8.2001, II R 77/99, BFH/NV 2002, S. 44
[2] Vgl. BFH-Beschluss vom 12.9.1979, I B 69/79, BStBl II 1979, S. 743
[3] Vgl. ebenda
[4] Krit. Tipke, in: Tipke/Kruse, AO und FGO, Köln 2005, § 110 Rz. 76 m.w.N.

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