Zusammenfassung
Werden die einer Forderung zugrundeliegenden Tatsachen bei einer Forderungsanmeldung nicht ausreichend dargelegt, kann dies zur Unwirksamkeit der Forderungsanmeldung führen.
Hintergrund
Der Kläger verlangt vom beklagten Insolvenzverwalter die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle i.H.v. etwa 6,5 Mio. EUR. Die Forderung resultierte ursprünglich aus dem Verkauf von Solarmodulen an die nun insolvente Käuferin (nachfolgend "Schuldnerin"). Bevor die Schuldnerin Insolvenz anmeldete, führten der Kläger und die Schuldnerin bereits einen Rechtsstreit über das Bestehen der Forderung. Dieser wurde aufgrund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochen.
Der Kläger meldet daraufhin die streitige Kaufpreisforderung zur Insolvenztabelle an und verwies in den Anmeldeunterlagen auf den konkreten Kaufvertrag und die Klageschrift ohne diese jedoch beizufügen. Der beklagte Insolvenzverwalter bestritt die Forderung in voller Höhe. Daraufhin nahm der Kläger den unterbrochenen Rechtsstreit gegenüber dem beklagten Insolvenzverwalter, der nun die Schuldnerin vertrat, wieder auf und verlangte die Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle.
Das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 25.6.2020, Az. IX ZR 47/19
Die Vorinstanz lehnte die Klage ab, da eine Klage über die Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle u.a. eine wirksame Forderungsanmeldung voraussetze und es an einer solchen vorliegend bereits fehlen würde. Der BGH sah dies anders und entschied, dass die Voraussetzungen für eine wirksame Forderungsanmeldung in diesem Fall gegeben seien. Denn eine wirksame Forderungsanmeldung setze grundsätzlich voraus, dass der Forderungsbetrag und der Grund für die Forderung genannt werden. Bei der Angabe des Grundes ist der Lebenssachverhalt vorzutragen, aus dem sich die angemeldete Forderung konkret und zweifelsfrei bestimmen lässt. Eine rechtliche Einordnung der Forderung und auch eine Darlegung des Sachverhalts wie in einer Klage seien nicht erforderlich. Auch der Verweis auf weitere Unterlagen ist möglich, sofern sich dadurch die Forderung zweifelsfrei bestimmen lasse. Da die Vorinstanz das Bestehen der Forderung nicht weiter geprüft hatte, verwies der BGH die Klage zur Entscheidung an die Vorinstanz zurück.
Anmerkung
Geht ein Kunde oder Lieferant in Insolvenz, bleibt einem als Gläubiger nur die Anmeldung der offenen Forderungen zur Insolvenztabelle. Bei einer wirksamen Forderungsanmeldung und Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle erhält der Gläubiger – meist erst nach mehreren Jahren – eine quotale Befriedigung auf seine angemeldeten Forderungen. Dies setzt jedoch voraus, dass die Forderungsanmeldung wirksam war. Das Gesetz sieht dabei vor, dass für eine wirksame Forderungsanmeldung der "Grund und der Betrag" zu nennen sind. Welche Anforderungen an die Ausführungen zum Grund für die Forderung zu stellen sind, hat der BGH nun erfreulicherweise mit seinem Urteil weiter konkretisiert.
Danach sind bei der Forderungsanmeldung sämtliche Tatsachen vorzutragen aus denen sich zweifelsfrei die konkrete Forderung ergibt. Handelt es sich bei den angemeldeten Forderungen um die in einem Vertrag vereinbarte Gegenleistung reicht i.d.R. die Nennung und Zusendung des konkreten Vertrags. Anders ist dies jedoch, wenn Ansprüche wegen Schadensersatz, aufgrund von Gewährleistungsfällen oder gegenüber dritten Personen, die nicht direkt Vertragspartner waren, zur Insolvenztabelle angemeldet werden sollen. Hier ist in der Forderungsanmeldung auch zu erklären, warum ein Schadensersatzanspruch besteht, ein Mangel vorliegt oder eine weitere Person, die gar nicht Vertragspartner war, nun haften soll; eine rechtliche Beurteilung muss der Gläubiger jedoch nicht vornehmen.
Werden diese Tatsachen in der Forderungsanmeldung nicht vorgetragen, kann dies dazu führen, dass der Insolvenzverwalter die Forderung i.d.R. bestreitet. Darüber hinaus ist die Forderungsanmeldung selbst aber auch nicht wirksam. Als Gläubiger kann man nicht einfach nachträglich weitere Unterlagen einreichen, sondern muss die Forderungsanmeldung erneut vornehmen. Das birgt insbesondere das Risiko, dass die Forderung in der Zwischenzeit verjährt und man als Gläubiger dann mit der gesamten Forderung ausfällt.