Rz. 2

M 3.000 EUR + F2 0 EUR – F1 800 EUR – Unterhalt für geschiedene und neue ­Ehefrau –

Die Ehe von M und F1, die von langer Dauer i.S.v. § 1609 Nr. 2 war, wurde geschieden. M ist seit einem Jahr mit F2 verheiratet. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 3.000 EUR. Die geschiedene Ehefrau F1 hat aus einer Teilzeittätigkeit ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 800 EUR. Die neue Ehefrau F2 ist nicht berufstätig und hat kein Einkommen. Im Falle einer Berufstätigkeit könnte F2 ein Nettoeinkommen von 1.000 EUR erzielen. F1 verlangt von M Unterhalt.

Der Fall entspricht Fall 33 (§ 9 Rdn 1 ff.), jedoch wird der Bedarf anhand der (insoweit überholten) Dreiteilungsmethode ermittelt.

1. Anspruchsgrundlage für Ehegattenunterhalt der F1

 

Rz. 3

Beim nachehelichen Unterhalt gilt der Grundsatz der Eigenverantwortung. Ein Unterhaltsanspruch besteht nur, wenn ein Unterhaltstatbestand erfüllt ist (vgl. auch Fall 16, § 3 Rdn 28 ff.).

2. Bedarf der F1

 

Rz. 4

Rangfragen, also die Frage, ob ein Partner vorrangig bzw. nachrangig ist, erlangten bei der Dreiteilungsmethode erst Bedeutung, wenn der Ehegattenmindestselbstbehalt des M unterschritten wird.

Die Dreiteilungsmethode wurde wie folgt beschrieben:

 

BGH, Urt. v. 18.11.2009 – XII ZR 65/09

Der Unterhaltsbedarf des geschiedenen Ehegatten ist bei Wiederverheiratung des unterhaltspflichtigen Ehegatten zur gleichmäßigen Aufteilung des Einkommens der Beteiligten nach der sogenannten Drittelmethode zu bemessen (im Anschluss an BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911; BGH Urt. v. 1.10.2008 – XII ZR 62/07 – FamRZ 2009, 23; BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 und BGH Urt. v. 28.1.2009 – XII ZR 119/07 – FamRZ 2009, 579).

Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH ist eine nacheheliche Einkommensverringerung bereits bei der Bedarfsbemessung zu berücksichtigen (BGHZ 153, 358 = FamRZ 2003, 590 und BGH Urt. v. 5.2.2003 – XII ZR 29/00 – FamRZ 2003, 848). Diese Rechtsprechung wurde auch auf nachehelich erstmals entstandene Unterhaltspflichten angewendet, zunächst auf den Kindesunterhalt (BGHZ 166, 351 = FamRZ 2006, 683 und BGH Urt. v. 6.2.2008 – XII ZR 14/06 – FamRZ 2008, 968, 972), später auch auf die nach Wiederverheiratung gegenüber dem neuen Ehegatten entstandene Unterhaltspflicht (BGHZ 177, 356 = FamRZ 2008, 1911; BGH Urt. v. 1.10.2008 – XII ZR 62/07 – FamRZ 2009, 23; BGHZ 179, 196 = FamRZ 2009, 411 und BGH Urt. v. 28.1.2009 – XII ZR 119/07 – FamRZ 2009, 579).

Ein unterschiedlicher Rang der Ehegatten wirkt sich schließlich erst dann aus, wenn der sogenannte Ehegattenselbstbehalt nicht gewahrt ist.

Auf Seiten des neuen Ehegatten kommt es bei der Unterhaltsbemessung nicht auf dessen Anspruch auf Familienunterhalt an, sondern auf den hypothetischen Unterhaltsanspruch im Fall einer Scheidung. Es ist darauf abzustellen, ob der neue Ehegatte bei entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis 1574 BGB, § 1576 BGB und des § 1577 Abs. 1 BGB unterhaltsberechtigt wäre. Kommt ein Anspruch wegen Kinderbetreuung in Frage, so haben elternbezogene Gründe nach § 1570 Abs. 2 BGB, die auf der Rollenverteilung in der neuen Ehe beruhen, aber grundsätzlich außer Betracht zu bleiben.

Der neue, also zeitlich nachfolgende Ehegatte wurde bei dieser Rechenweise bereits bei der Bemessung des Bedarfs der ersten Ehefrau berücksichtigt.

 

Nochmals:

Für die Auflösung der Konkurrenz zwischen dem Anspruch auf Ehegattenunterhalt und dem Anspruch nach § 1615l BGB bei Geburt eines nichtehelichen Kindes während bestehender Ehe ist die Dreiteilung auf der Bedarfsebene auch jetzt noch eine geeignete Berechnungsweise.

 

BGH, Urt. v. 17.12.2008 – XII ZR 9/07

Der Unterhaltsanspruch einer neuen Ehefrau des Unterhaltspflichtigen beeinflusst den Bedarf der geschiedenen Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Es sind auch insoweit die tatsächlichen Verhältnisse zugrunde zu legen, was im Regelfall zu einer Dreiteilung der vorhandenen Einkünfte, nämlich derjenigen des Unterhaltspflichtigen sowie der geschiedenen Ehefrau und der neuen Ehefrau, führt (BGH 30.7.2008 – XII ZR 177/06 – FamRZ 2008, 1911, 1914 f.). Zu beachten ist dabei lediglich, dass ein im Rahmen der Dreiteilung einzusetzendes Einkommen eines Unterhaltsberechtigten nicht zu einer Erhöhung des Unterhaltsbedarfs des anderen Unterhaltsberechtigten im Vergleich zu einer ohne die neue Ehefrau durchzuführenden Halbteilung des unterhaltsrelevanten Einkommens führen darf.

Der Anspruch auf Familienunterhalt der neuen Ehefrau darf zu Zwecken der Unterhaltsberechnung im Rahmen der Dreiteilung in Form eines nachehelichen Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen berechnet werden kann (BGH Urt. v. 30.7.2008 – XII ZR 177/06 – FamRZ 2008, 1911, 1914 f.).

Bei der Bedarfsbestimmung war das Einkommen aller drei Beteiligter heranzuziehen.

 

BGH, Urt. v. 30.7.2008 – XII ZR 177/06

Schuldet der Unterhaltspflichtige sowohl einem geschiedenen als auch einem neuen Ehegatten Unterhalt, so ist der nach den ehelichen Lebensverhältnissen (§ 1578 Abs. 1 BGB) zu bemessende Unterhaltsbedarf jedes Berechtigten im Wege der Dreiteilung des Gesamteinkommens des Unterhalts...

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