Prof. Dr. Volker Römermann
Rz. 55
Zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen sieht § 6 Abs. 3 Satz 1 FAO vor, dass der Antragsteller eine Fallliste vorzulegen hat. Auf gesonderte Aufforderung durch den Fachausschuss ist diese ggf. noch durch anonymisierte Arbeitsproben zu ergänzen (§ 6 Abs. 3 Satz 2 FAO). Die folgenden Angaben müssen in der Fallliste regelmäßig enthalten sein:
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Aktenzeichen (sowohl kanzleiintern als auch gerichtliches/behördliches), |
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Gegenstand, |
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Zeitraum, |
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Art und Umfang der Tätigkeit, |
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Stand des Verfahrens. |
Rz. 56
Der Fallliste kommt i.R.d. Antragstellung regelmäßig die größte Bedeutung zu. Um die mit dem Antrag befassten Mitglieder des Vorprüfungsausschusses in die Lage zu versetzen, die praktischen Erfahrungen des Antragstellers auf Anhieb und nur durch die eingereichten Unterlagen beurteilen zu können, sollte der übersichtlichen Gestaltung der Fallliste oberste Priorität eingeräumt werden. Dabei ist es hilfreich, wenn in der Fallliste eine Grobunterteilung nach den §§ 8–14q FAO erfolgt – im Handels- und Gesellschaftsrecht also bspw. unterschieden wird zwischen Fällen, die dem Recht des Handelsstandes unterfallen, dem Recht der Kapitalgesellschaften und dem Umwandlungsrecht. Eine weitere Unterteilung sollte dann zwischen rechtsförmlichen Verfahren und Fällen, die die Gestaltung von Gesellschaftsverträgen oder die Gründung oder Umwandlung von Gesellschaften zum Gegenstand haben, vorgenommen werden.
Hinweis
Wer weiß, dass er bei Vorliegen der Voraussetzungen eine Fachanwaltsbezeichnung beantragen wird, sollte so früh wie möglich mit der Erstellung der Fallliste beginnen, auch wenn die dezidierte Erfassung zuweilen anstrengend ist. Es erleichtert die Arbeit erheblich, wenn die entsprechende Liste sukzessive erweitert wird, da eine nachträgliche Erstellung erheblich mühsamer sein wird.
1. Aktenzeichen
Rz. 57
Unter "Aktenzeichen" ist das kanzleiinterne Aktenzeichen, bei gerichtlich anhängigen Verfahren oder rechtsförmlichen Verfahren auch das Aktenzeichen des Gerichts bzw. der Stelle, bei der das Verfahren geführt wurde, zu verstehen.
2. Gegenstand
Rz. 58
An dieser Stelle muss eine konkrete und möglichst aussagekräftige Umschreibung des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit erfolgen. Bloße Schlagwörter wie etwa "Klage vor dem LG", "Beratung" oder "Wahrnehmung Güteverhandlung" reichen nicht aus, da sie nicht überprüfbar sind. Vielmehr muss kurz dargestellt werden, was konkret Gegenstand der Beratung oder des Klageverfahrens war und welches Maß an geistiger Auseinandersetzung bzw. Durchdringung fachbezogener Fragen im Einzelfall zu leisten war. Nach Rspr. des BGH sind zum Nachweis der besonderen praktischen Erfahrungen nur solche Fälle zu berücksichtigen, bei denen ein Schwerpunkt der Bearbeitung im jeweiligen Fachgebiet liegt.
Nicht ausreichend sind bloße Floskeln in der Fallliste wie etwa "Asset Deal – Kaufverträge durchgesehen und hierzu sowie zu den gesellschaftsrechtlichen Stellungen", "Ermittlung der Geschäftsbeziehungen Muttergesellschaft (S. AG) mit den Tochtergesellschaften", "Bezüge des Falles zum Steuerrecht mit Mandantin erörtert. Diesbezüglicher Vortrag ist in Schriftsätzen erfolgt", "Einholung von Handelsregisterauszügen, um Sitzverlegung und Vertretungsregelungen sowie Besitzverhältnisse der Antragsgegnerin (bei Durchführung von ZV-Maßnahmen der Mandantin) zu klären", "Vortrag zu Handelsgeschäft, verspätete Erhebung der Untersuchungs- und Rügepflichten (§§ 343 ff., 377 HGB)" oder "Regelungen des Arztes zum Hospiz bei Nutzung von Geräten und vor allem keine Weisungsbefugnis gegenüber Hospizpersonal".
3. Zeitraum
Rz. 59
Der Antragsteller muss hier deutlich dokumentieren, wann ihm das Mandat übertragen wurde und wann er die inhaltliche Bearbeitung abgeschlossen hat bzw. ob diese noch andauert. Dies hat insofern Bedeutung, als von dieser Frage abhängt, ob ein bzw. welcher Schwerpunkt der juristischen Fallbearbeitung in zeitlicher Hinsicht innerhalb des maßgeblichen 3-Jahres-Zeitraumes vor Antragstellung lag und damit bei der Zählung berücksichtigt werden kann.
4. Art und Umfang der Tätigkeit
Rz. 60
Die Anforderungen an die Bezeichnungen für Art und Umfang der Tätigkeit korrespondieren im Großen und Ganzen mit den Anforderungen an die Beschreibung des Gegenstands. Auch hier wird dem Antragsteller auferlegt, konkrete Angaben über die Einzeltätigkeiten zu machen: Verhandlungen zwischen den Parteien, Anfertigung welcher Schriftsätze, Wahrnehmung welcher Gerichtstermine mit welchen Erörterungen, ggf. welche Instanzen.
5. Stand des Verfahrens
Rz. 61
Hier ist anzugeben, ob die Mandatsbearbeitung abgeschlossen ist oder ob sie noch – wenn ja, in welchem Stadium – andauert. Es ist zulässig, in die Fallliste noch laufende Verfahren aufzunehmen. Dabei gilt jedoch, dass laufende Mandate grds. nur zu einem gewissen Prozentsatz gewertet werden können, je nachdem, wie weit die Mandatsbearbeitung schon fortgeschritten ist.