Rz. 164

Das FamGKG sieht im Gegensatz zum früheren Recht davon ab, besondere Vorschriften für die jeweiligen einstweiligen Anordnungsverfahren vorzugeben. In einstweiligen Anordnungsverfahren ist daher grundsätzlich vom jeweiligen Wert der Hauptsache auszugehen.

 

Rz. 165

Soweit die einstweilige Anordnung allerdings eine geringere Bedeutung gegenüber der Hauptsache hat, ist von einem geringeren Wert auszugehen (§ 41 S. 1 FamGKG). Dabei gibt das FamGKG als Grundsatz den hälftigen Wert der Hauptsache vor.

 

Rz. 166

Zu prüfen ist daher stets, ob das einstweilige Anordnungsverfahren, tatsächlich eine geringere Bedeutung hat als die Hauptsache. Davon ist nicht auszugehen, wenn die einstweilige Anordnung die Hauptsache faktisch vorwegnimmt.

 

Beispiel: Der Kindesvater stellt einen Antrag zum Umgangsrecht und beantragt gleichzeitig den Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Die einstweilige Anordnung dürfte hier eine geringere Bedeutung haben. Auszugehen ist daher vom hälftigen Wert der Hauptsache (§ 45 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 FamGKG), also von 2.000 EUR.

 

Rz. 167

 

Beispiel: Die Ehefrau beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschusses in Höhe von 1.860 EUR.

Da die einstweilige Anordnung hier die Hauptsache faktisch vorwegnimmt, greift die Ermäßigung nach § 41 FamGKG nicht, sodass der volle Hauptsachewert (§ 35 FamGKG) anzusetzen ist.[58] Ein Abschlag kommt nicht in Betracht.[59]

 

Rz. 168

 

Beispiel: Die Ehefrau beantragt im Januar 2021 Unterhaltszahlungen in Höhe von 500 EUR ab Februar und stellt gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.

Der Hauptsachewert beläuft sich auf 12 x 500 EUR = 6.000 EUR.

Die einstweilige Anordnung hat hier gegenüber der Hauptsache eine geringere Bedeutung, sodass vom hälftigen Wert, also 3.000 EUR auszugehen ist.[60]

 

Rz. 169

 

Beispiel: Die Ehefrau beantragt für das Kind den Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Zahlung zukünftigen Kindesunterhalts, ohne auch einen Hauptsacheantrag zu stellen.

Jetzt ist nicht von einer geringeren Bedeutung der einstweiligen Anordnung auszugehen, da diese für die Zeit ihrer Dauer i.d.R. endgültige Zustände schafft.[61]

 

Rz. 170

Zu beachten ist, dass auch in einstweiligen Anordnungsverfahren fällige Beträge mitzurechnen sind. Soweit man nur vom hälftigen Wert der Hauptsache ausgeht, ist der hälftige Wert der fälligen Beträge hinzuzurechnen.[62]

 

Beispiel: Der Anwalt reicht im August auftragsgemäß eine einstweilige Anordnung beim FamG ein, mit der ein monatlicher Unterhalt in Höhe von 500 EUR ab August beantragt wird. Parallel dazu wird auch die Hauptsache mit den gleichen Anträgen eingereicht. Das Gericht geht davon aus, dass für die einstweilige Anordnung nur der hälftige Wert der Hauptsache anzusetzen sei.

Der Wert der Hauptsache beträgt:

 
  zukünftiger Unterhalt, 12 x 500,00 EUR =   6.000,00 EUR
  bei Einreichung fällige Beträge   500,00 EUR
  Gesamt   6.500,00 EUR
Die Hälfte hiervon beträgt   3.250,00 EUR
[58] KG AGS 2017, 280; OLG Karlsruhe AGS 2017, 282 = RVGreport 2017, 268; OLG Bamberg AGS 2012, 32 = FamRZ 2012, 739; OLG Frankfurt AGS 2013, 585 = FamRZ 2014, 689; OLG Düsseldorf AGS 2014, 237 = NZFam 2014, 469; OLG Hamm RVGreport 2014, 365; OLG Frankfurt MDR 2014, 902; OLG Bremen AGS 2014, 521 = NZFam 2014, 955; OLG Köln AGS 2015, 50 = JurBüro 2014, 536; AG Göttingen FamRZ 2016, 378.
[59] So aber OLG Zweibrücken AGS 2016, 527 = RVGreport 2017, 71 = NZFam 2016, 951; OLG Celle FamRZ 2016, 655; AGS 2013, 423; OLG Frankfurt AGS 2014, 417 = FamRZ 2014, 1801.
[60] OLG Brandenburg AGS 2010, 358 = JurBüro 2010, 368.
[61] OLG Düsseldorf AGS 2010, 105 = RVGreport 2010, 158 = NJW 2010, 1385; AG Lahnstein AGS 2010, 264 = NJW-Spezial 2010, 412; Schneider/Wolf/Volpert/Fölsch, FamGKG, § 41 Rn 14; a.A. OLG Köln AGS 2014, 238 = NZFam 2014, 608: OLG Celle RVGreport 2012, 235 = NJW 2012, 789; AGS 2013, 423 = FamRZ 2014, 690; OLG Bamberg AGS 2012, 32 = FamRZ 2012, 739; OLG Stuttgart AGS 2010, 617 = RVGreport 2011, 76 = FamRZ 2011, 757.
[62] OLG München AGS 2011, 306 = NJW-Spezial 2011, 476; OLG Köln AGS 2010, 618 = RVGreport 2011, 114 = FamRZ 2011, 758; OLG Bamberg AGS 2011, 454 = RVGreport 2011, 271.

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