I. Überblick
Rz. 207
In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes erhält der Anwalt gesonderte Gebühren, da es sich um eigene Angelegenheiten handelt (§ 17 Nr. 4). Die Gebühren nach VV 3100 ff. entstehen also gegenüber der Hauptsache gesondert in Verfahren
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auf Erlass einer einstweiligen Verfügung (§ 17 Nr. 4 Buchst. b), |
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auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsakts (§ 17 Nr. 4 Buchst. c), |
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auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsakts (§ 17 Nr. 4 Buchst. c), |
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auf Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts (§ 17 Nr. 4 Buchst. c), |
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auf Abänderung oder Aufhebung einer der vorgenannten Entscheidungen (§ 17 Nr. 4 Buchst. d). |
Rz. 208
Anordnungs- und Abänderungs- bzw. Aufhebungsverfahren sind allerdings dieselbe Angelegenheit (§ 16 Nr. 5).
II. Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Verwaltungsakts sowie Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts
1. Überblick
Rz. 209
In den Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO, in denen der Antragsteller die Anordnung der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs oder Rechtsmittels gegen einen sofort vollziehbaren Verwaltungsakt beantragt, sowie in den Verfahren nach §§ 80a Abs. 3, 80 Abs. 5 VwGO gelten die Gebühren nach VV Teil 3. Es handelt sich sowohl gegenüber der außergerichtlichen Tätigkeit als auch gegenüber der Hauptsache um eine eigene Gebührenangelegenheit (§ 17 Nr. 4 Buchst. c).
Rz. 210
Darüber hinaus gilt jedes Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO (i.V.m. § 80a Abs. 3 VwGO) gegenüber der Hauptsache gebührenrechtlich als besondere Angelegenheit. Im Gegensatz zu Anm. S. 1 zu VV 3328 ist eine abgesonderte mündliche Verhandlung hier nicht erforderlich. Es handelt sich stets um eine eigene Angelegenheit.
Rz. 211
Zusammen mit den vorgenannten einstweiligen Rechtsschutzverfahren bilden die weiteren Verfahren auf Abänderung oder Aufhebung einer der in den vorgenannten Verfahren ergangenen Entscheidungen wiederum dieselbe Angelegenheit (§ 16 Nr. 5), sodass hierfür keine weiteren Gebühren entstehen. Gesonderte Gebühren kann der Anwalt hier nur erhalten, wenn er ausschließlich im Abänderungsverfahren beauftragt wird (§ 17 Nr. 4 Buchst. d).
2. Die Gebühren im erstinstanzlichen Anordnungsverfahren
a) Überblick
Rz. 212
Der Anwalt erhält in den genannten Verfahren die gleichen Gebühren wie im erstinstanzlichen Rechtsstreit. Die Gebühren nach VV Teil 3 sowie nach VV Teil 1 gelten wie in einem Hauptsacheverfahren.
Rz. 213
Wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung oder auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, Aufhebung der Vollziehung oder Anordnung der sofortigen Vollziehung eines Verwaltungsakts vor dem Rechtsmittelgericht als Gericht der Hauptsache gestellt, so bleibt es bei den Gebühren nach Abschnitt 1 VV Teil 3, also bei den erstinstanzlichen Gebühren, auch wenn das Rechtsmittelgericht als Gericht der Hauptsache zuständig ist und entscheidet (VV Vorb. 3.2 Abs. 2).
Rz. 214
Im Falle einer vorzeitigen Erledigung entsteht die Gebühr der VV 3100 lediglich in Höhe von 0,8 (VV 3101) und die der VV 3300 Nr. 2 in Höhe von 1,0 (VV 3301).
Rz. 215
Der Streitwert in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergibt sich aus § 53 Nr. 1 GKG i.V.m. § 3 ZPO. Nach dem Streitwertkatalog ist der Wert grundsätzlich mit der Hälfte des Hauptsachewertes anzusetzen, bei Geldleistungen in der Regel mit einem Viertel der Hauptsache (siehe Streitwertkatalog 1.5).
b) Verfahrensgebühr
Rz. 216
Der Anwalt erhält im erstinstanzlichen einstweiligen Anordnungsverfahren grundsätzlich eine 1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100). In erstinstanzlichen Verfahren vor dem OVG oder dem OVG bestimmt sich die Verfahrensgebühr nach VV 3300 Nr. 2 und beträgt 1,6.
Rz. 217
Ist der Anwalt im Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung sowohl außergerichtlich (§ 80 Abs. 4 VwGO) als auch anschließend gerichtlich im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO tätig, so erhält er sowohl die Geschäftsgebühr nach VV 2300 (siehe Rdn 222 ff.) als auch die Gebühren nach den VV 3100 ff., allerdings mit der Maßgabe der Anrechnung (VV Vorb. 3 Abs. 4).
Beispiel: Gegen einen Bescheid (Wert: 10.000 EUR) hat der Mandant selbst Widerspruch eingelegt. Er beauftragt den Anwalt, zunächst bei der Behörde nach § 80 Abs. 4 VwGO die Aussetzung der sofortigen Vollziehung zu beantragen und nachdem dieser Antrag abgelehnt worden ist, beim Verwaltungsgericht einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 5 VwGO zu stellen. Die Aussetzung der sofortigen Vollziehung wird vom Verwaltungsgericht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss ausgesprochen.
Im Verfahren nach § 80 Abs. 4 VwGO hat der Anwalt eine Geschäftsgebühr nach VV 2300 verdient. Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht hat er eine 1,3-Verfahrensgebühr (VV 3100) verdient. Die Geschäftsgebühr im Verfahren nach § 80 Abs. 4 VwGO ist jetzt nach VV Vorb. 3 Abs. 4 S. 1 hälftig, höchstens zu 0,75 auf die Verfahrensgebühr des gerichtlichen Aussetzungsverfahrens anzurechnen.
I. |
Behördliches Verfahren auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung |
1. |
1,5-Geschäftsgebühr, VV 2300 |
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333,00 EUR |
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(Wert: 2.500,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |