I. Gerichtliche Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Wiederherstellung der sofortigen Vollziehung und Aufhebung der sofortigen Vollziehung
1. Überblick
Rz. 241
Wird der Anwalt in einem gerichtlichen Verfahren
tätig, so handelt es sich insoweit nach § 17 Nr. 4 Buchst. c) gebührenrechtlich gegenüber der Hauptsache um verschiedene Angelegenheiten.
Rz. 242
Kommt es zu einem nachfolgenden Abänderungs- und Aufhebungsverfahren (§ 86a Abs. 1 S. 4 SGG), sind diese Verfahren gegenüber der Hauptsache wiederum verschiedene Angelegenheiten, nicht aber gegenüber dem jeweiligen Ausgangsverfahren; insoweit ist nur eine Angelegenheit gegeben (§ 16 Nr. 5).
Rz. 243
In den vorgenannten Eilverfahren erhält der Anwalt die gleichen Gebühren wie im Hauptsacheverfahren.
Rz. 244
Im erstinstanzlichen Verfahren erhält der Anwalt zunächst die Verfahrensgebühr der VV 3102.
Rz. 245
Die Anrechnung einer im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren angefallenen Geschäftsgebühr nach VV Vorb. 2.3 Abs. 4 kommt nicht in Betracht Dem Hauptsacheverfahren und dem einstweiligen Anordnungsverfahren liegen unterschiedliche Streitgegenstände zugrunde. Beide Instanzenzüge sind völlig unabhängig voneinander zu betrachten.
Rz. 246
War der Anwalt dagegen bereits im Verfahren auf Aussetzung nach § 86a Abs. 3 SGG tätig, und hat er dort die Geschäftsgebühr für das Aussetzungsverfahren verdient, so ist die dort entstandene Geschäftsgebühr nach VV Vorb. 2.3 Abs. 4 hälftig anzurechnen.
Rz. 247
Kommt es zu einem Termin i.S.d. VV Vorb. 3 Abs. 3, erhält der Anwalt zusätzlich auch eine Terminsgebühr nach VV 3106.
Rz. 248
Eine Erledigungsgebühr kommt im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht vor, da es hier nicht um den in der Hauptsache angefochtenen Bescheid geht. Möglich ist hier allerdings eine Einigungsgebühr.
Rz. 249
Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Gebühren seien im Rahmen des § 14 Abs. 1 grundsätzlich geringer anzusetzen, da das einstweilige Anordnungsverfahren eine geringere Bedeutung habe (keine endgültige Klärung) und dass in diesem Verfahren Vorkenntnisse aus dem Hauptsacheverfahren verwertet werden können. Diese pauschale Beurteilung ist m.E. jedoch nicht zutreffend. Die Aussetzung der sofortigen Vollziehung kann erhebliche Bedeutung haben, zumal auch hier – wenn auch andere – schwierige Fragen zu klären sind. Zudem besteht hier für den Anwalt ein Zeitdruck, der wiederum höhere Gebühren rechtfertigt. Die Streitfrage soll hier nicht abschließend geklärt werden. In den nachfolgenden Berechnungen wird jeweils die Mittelgebühr zugrunde gelegt. Welche höhere oder niedrigere Gebühr angemessen ist, muss der Anwalt im Einzelfall selbst entscheiden. An den abgerechneten Gebührentatbeständen ändert sich jedenfalls nichts.
2. Gerichtliches Verfahren ohne vorangegangene Tätigkeit im Verwaltungs- oder Nachprüfungsverfahren
Rz. 250
Wird der Anwalt erstmals im gerichtlichen Verfahren auf Anordnung der sofortigen Vollziehung, Anordnung der aufschiebenden Wirkung, Wiederherstellung der sofortigen Vollziehung und Aufhebung der sofortigen Vollziehung beauftragt, so entsteht die Verfahrensgebühr nach VV 3102.
Rz. 251
Auch im gerichtlichen Eilverfahren kann eine Terminsgebühr nach VV 3106 anfallen.
Rz. 252
Da die VV Vorb. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 auch hier gilt, entsteht die Terminsgebühr auch bei Besprechungen mit der Behörde (auch) ohne Beteiligung des Gerichts. Die frühere Gegenauffassung, die eine Terminsgebühr abgelehnt, weil im Eilverfahren eine mündliche Verhandlung nicht vorgeschrieben sei, ist seit dem Inkrafttreten des 2. KostRMoG jedenfalls nicht mehr vertretbar.
Rz. 253
Allerdings kann eine fiktive Terminsgebühr nach Anm. Abs. 1 S. 1 zu VV 3106 in einem solchen Eilverfahren nach der seit dem 1.8.2013 geltenden Fassung durch das 2. KostRMoG nicht mehr entstehen, da in diesen Verfahren weder eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben (§§ 86b, 124 Abs. 3 SGG) noch eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid möglich ist. Auf ältere Rechtsprechung kann insoweit nicht zurückgegriffen werden. So kann insbesondere die Terminsgebühr im Eilverfahren bei einem angenommenen Anerkenntnis nach Anm. S. 1 Nr. 3 zu VV 3106 nicht mehr entstehen. Dies war zwar nach der bis zum 31.7.2013 geltenden Fassung des Gesetzes vertretbar, kann aber angesichts der Klarstellung in Anm. S. 1 Nr. 3 zu VV 3106 nicht mehr aufrechterhalten werden.
Rz. 254
Schließlich kann auch eine Einigungsgebühr anfallen, etwa wenn die Parteien einvernehmlich eine vorläufige Regelung treffen.
Beispiel: Der Anwalt wird erstmals im Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung beauftragt. Er führt mit der Behörde eine Besprechung zur einvernehmlichen Erledigung des Aussetzungsverfahrens und einigt sich mit der Behörde.
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