A. Kostenfestsetzung in Zivilsachen
I. Festsetzungsverfahren nach §§ 103 ff. ZPO
Rz. 1
In Zivilsachen richtet sich die Kostenfestsetzung nach §§ 103 ff. ZPO. Es handelt sich um ein gegenüber der Hauptsache selbstständiges Annexverfahren, das einige Besonderheiten aufweist.
1. Kostengrundentscheidung
Rz. 2
Um eine Kostenfestsetzung zu betreiben, bedarf es zunächst einmal einer Kostenentscheidung oder einer entsprechenden vergleichsweisen Regelung (Ausnahme Vollstreckungskosten (siehe Rdn 57). Über die Verpflichtung, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, muss das Gericht grundsätzlich ohne Antrag von Amts wegen entscheiden (§ 308 Abs. 2 ZPO). Die Kostenentscheidung richtet sich nach den §§ 91 ff., § 238 Abs. 4, § 269 Abs. 4, § 281 Abs. 3, § 344, § 494a Abs. 2, § 516 Abs. 3 ZPO.
Rz. 3
Im Falle eines Vergleichs reicht eine Kostenvereinbarung.
Rz. 4
Eine solche Kosten(grund)entscheidung oder ein Kostenvergleich besagen jedoch nichts über die konkrete Höhe der zu erstattenden Kosten. Hierüber wird erst im Kostenfestsetzungsverfahren nach den §§ 103 ff. ZPO entschieden. Dort kann jede erstattungsberechtigte Partei die ihr entstandenen Kosten anmelden und die Festsetzung gegen den jeweiligen Erstattungsschuldner beantragen.
2. Kostenfestsetzungsverfahren
Rz. 5
Die Art der Festsetzung richtet sich nach der Kostenverteilung.
a) Einseitige Festsetzung
Rz. 6
Trägt der Gegner sämtliche Kosten des Verfahrens, werden alle Kosten des Antragstellers einseitig festgesetzt, soweit sie erstattungsfähig sind.
Rz. 7
Sind die Kosten verhältnismäßig verteilt worden, meldet der Gegner aber seine Kosten nicht oder nicht fristgerecht an, wird ebenfalls einseitig festgesetzt, unbeschadet des Rechts des Gegners seine Kosten später gesondert anzumelden und einen (weiteren) einseitigen Festsetzungsbeschluss zu seinen Gunsten zu erwirken (§ 106 Abs. 2 ZPO).
b) Verhältnismäßige Teilung der Kosten
Rz. 8
Sind die Kosten des Verfahrens vom Gericht verhältnismäßig verteilt worden, können sie getrennt festgesetzt oder ausgeglichen werden (§ 106 Abs. 1 ZPO). Eine Pflicht zur Kostenausgleichung besteht für die Parteien nicht.
Rz. 9
Die Parteien können auch in diesem Fall eine getrennte Kostenfestsetzung erwirken, wenn nämlich zunächst nur eine Partei ihre Kosten anmeldet und, nachdem deren Kosten festgesetzt sind, nunmehr die andere Partei die Festsetzung ihrer Kosten beantragt.
Rz. 10
Praxishinweis:
Eine getrennte Kostenfestsetzung kann z.B. vorteilhaft sein, wenn eine der Parteien das Quotenvorrecht gegenüber ihrem Rechtsschutzversicherer durchsetzen oder mit ihrem Kostenerstattungsanspruch anderweitig aufrechnen will (siehe Anhang VI Rdn 23).
Rz. 11
Die Ausgleichung geschieht grundsätzlich so, dass beide Parteien zunächst ihre Kosten bei Gericht anmelden. Von den gesamten Kosten wird die Quote berechnet, die die jeweilige Partei schuldet. Hierauf werden sodann die eigenen Kosten angerechnet. Der verbleibende Differenzbetrag wird festgesetzt.
Rz. 12
Beispiel: Kostenausgleichung:
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 70 % und der Beklagte 30 %. Die Kosten beider Parteien betragen bei einem Streitwert von 10.000 EUR jeweils 1.850,45 EUR und die Gerichtskosten 798 EUR, die der Kläger bereits gezahlt hat. Zu rechnen ist wie folgt:
Kosten Kläger (1.850,45 EUR + 798,00 EUR) |
2.648,45 EUR |
Kosten Beklagter |
1.850,45 EUR |
Gesamt |
4.498,90 EUR |
hiervon 70 % |
3.149,23 EUR |
./. eigene Kosten des Klägers |
– 2.648,45 EUR |
Erstattungsanspruch des Beklagten |
500,78 EUR |
Rz. 13
Auch bei der Kostenausgleichung handelt es sich um eine Festsetzung. Es ist daher nicht erforderlich, ausdrücklich eine Ausgleichung zu beantragen. Diese ist zwingend von Amts wegen durchzuführen, wenn beide Parteien ihre Kosten rechtzeitig anmelden (§ 106 Abs. 1 ZPO).
Rz. 14
Meldet eine Partei trotz Fristsetzung die eigenen Kosten nicht oder nicht fristgerecht an, werden die angemeldeten Kosten der Gegenseite in Höhe der jeweiligen Erstattungsquote festgesetzt. Dem Gegner bleibt es unbenommen, später die Festsetzung seiner Erstattungsforderung nachträglich zu beantragen, § 106 Abs. 2 ZPO. Er muss lediglich die damit verbundenen Mehrkosten tragen. Mehrkosten können nur in zusätzlichen Zustellungskosten liegen und fallen in der Regel dabei nicht an (Anm. zu Nr. 9002 KV GKG).
c) Getrennte Festsetzung
Rz. 15
Eine getrennte Festsetzung ist vorgeschrieben, wenn bestimmte Kosten nicht nach Quoten verteilt, sondern ausgetrennt sind, etwa die Kosten der Säumnis (§ 344 ZPO) oder die Mehrkosten, die durch die Anrufung des unzuständigen Gerichts entstanden sind (§ 281 Abs. 3 ZPO).
Rz. 16
Die ausgetrennten Kosten müssen gesondert festgesetzt werden. Nur die übrigen Kosten dürfen ausgeglichen werden. Soweit die Parteien damit einverstanden sind, bestehen allerdings keine Bedenken, auch auszutrennende Kosten in die Ausgleichung einzubeziehen, abgesehen davon, dass darin eine Aufrechnungserklärung liegen würde, die das Gericht berücksichtigen müsste (siehe Rdn 56).
Rz. 17
Ein Fall der getrennten Festsetzung liegt auch dann vor, wenn die Kosten nach Instanzen unterschiedlich verteilt sind:
Rz. 18
Beispiel: Unterschiedliche Kostenverteilung in den Instanzen:
Die Kosten ...