Rz. 292
Für die Bewertung von Steuerberaterkanzleien wird ebenfalls oftmals eine Kombination von Sachwert (Vermögensgegenstände abzüglich Schulden zu Verkehrswerten) und Good Will herangezogen. Der Good Will wird hierbei häufig in Größenordnungen zwischen 80 % und 120 % des (durchschnittlichen, nachhaltigen) Umsatzes angegeben.
Rz. 293
Das Präsidium der Bundessteuerberaterkammer hat am 30.6.2010 Hinweise für die Ermittlung des Werts einer Steuerberatungspraxis beschlossen. Demnach existiert für die Bewertung von Steuerberaterpraxen kein allgemein gültiges Verfahren. In den Hinweisen angesprochen bzw. erläutert werden jedoch das sog. Umsatzverfahren als ein vereinfachtes Preisfindungsverfahren sowie das Ertragswertverfahren. Die Hinweise haben jedoch ausdrücklich keinen verbindlichen Charakter.
Die Bundessteuerberaterkammer betont insb. die Personenbezogenheit des Praxiswerts, da dieser in erster Linie auf den für freie Berufe kennzeichnenden persönlichen Beziehungen zwischen dem Berufsträger und dem Mandanten beruhe. Der Praxiswert repräsentiere daher im Ergebnis eine Summe von personenbezogenen Faktoren. Er könne daher nicht ohne weiteres bzw. ohne flankierende Maßnahmen auf einen anderen Berufsträger übertragen werden. Dies bildet insb. im Falle der Praxisübertragung nach dem Tod des Praxisinhabers ein erhebliches Problem, das natürlich auch für die Bewertung relevant sein kann.
Rz. 294
Grundsätzlich erfolgt die Bewertung nach dem Ertragswert- oder nach dem Umsatzverfahren durch Anwendung eines Multiplikators auf einen bereinigten Umsatz. Dabei ergibt sich der anzuwendende Multiplikator aus der Beobachtung von Vergleichstransaktionen, die vergleichbare Steuerberaterkanzleien zum Gegenstand hatten. Bezugsgröße für das Umsatzverfahren ist der zukünftig nachhaltig zu erzielende Jahresumsatz (ohne Umsatzsteuer), der aufgrund bestehender und übertagbarer Mandatsverhältnisse und bereits erteilter Aufträge erzielt werden kann. Zur Ermittlung wird auf die entsprechenden Daten der letzten vor dem Bewertungsstichtag liegenden drei Jahre zurückgegriffen. Diese sind jedoch im Rahmen einer Einzel-Beurteilung darauf zu prüfen, ob und inwieweit sie Umsätze für nicht regelmäßig wiederkehrende und einmalige Leistungen (z.B. besondere Beratungsleistungen, Erbschaftsteuererklärungen, Honorare für die Teilnahme an Außenprüfungen etc.) enthalten. Ebenso sind Entgelte für personengebundene Leistungen (z.B. Testamentsvollstreckervergütung) auszuscheiden.
Rz. 295
Der anzuwendende Multiplikator liegt nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer in einer Bandbreite zwischen 80 % und 140 %. Dies gilt sowohl für die Bewertung einer Einzelpraxis als auch für die Bewertung des Anteils an einer entsprechenden Personengesellschaft. Eine unmittelbare Übertragung auf Kapitalgesellschaften wird nicht für möglich gehalten.
Die Höhe des konkret anzuwendenden Umsatzmultiplikators hängt zum einen von der Kostenstruktur der Praxis ab, zum anderen aber auch von der Personalstruktur. Im Übrigen sind auch die Ertragskraft der Kanzlei (im Vergleich zu anderen Kanzleien), ihre Größe und weitere individuelle Eigenschaften zu berücksichtigen. Zu- bzw. Abschläge sind insb. denkbar für:
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eine besonders hohe bzw. niedrige Rendite der Praxis, |
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Expansionsmöglichkeiten, |
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langfristige Vertragsbindungen, |
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die Streuung der bestehenden Mandate, |
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die Überleitung durch den bisherigen Inhaber, |
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den organisatorischen Stand der Praxis, |
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das Alter/oder den Gesundheitszustand des Kanzleiinhabers, |
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Alters- und Erfahrungsunterschiede bei den Mitarbeitern, |
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den Zustand der Praxiseinrichtung, |
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das Vorhandensein starker/schwacher Wettbewerber oder anderer ungünstiger/günstiger Standortfaktoren. |
Rz. 296
Nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer ist das Umsatzverfahren insb. für die Praxisübertragung unter Lebenden geeignet. Im Falle einer Bewertung nach dem Tod des Praxisinhabers sind sicherlich entsprechende Modifikationen erforderlich. Dessen unbeachtet, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass es sich grds. um ein den Vorgaben des § 11 Abs. 2 S. 2 letzter Hs. BewG entsprechendes Verfahren handelt.
Rz. 297
Neben dem Umsatzverfahren kann nach Auffassung der Bundessteuerberaterkammer auch das Ertragswertverfahren angewendet werden. Insoweit wird aber das Petitum einer "sorgfältigen Vergangenheitsanalyse über die letzten drei bis fünf Jahre" betont. Darüber hinaus weisen die Empfehlungen zur Ermittlung des anzusetzenden Unternehmerlohns darauf hin, dass nicht lediglich mit der Höhe des Gehalts eines angestellten Steuerberaters kalkuliert werden dürfe. Vielmehr seien Zuschläge für längere Arbeitszeiten sowie für das unternehmerische Risiko einzukalkulieren. Auch der Umstand, dass der selbstständig Tätige die Kosten für seine soziale Absicherung vollständig selbst tragen müsse, sei zu berücksichtigen.
Rz. 298
Der anzuwendende Kapitalisierungszinssatz soll – wie beim Ertragsw...