Rz. 186
Die finanziellen Überschüsse des Unternehmens werden auf den Bewertungsstichtag abgezinst, um eine Vergleichbarkeit mit anderen einem möglichen Investor zur Verfügung stehenden Anlagealternativen zu erreichen. Dem Kapitalisierungszinssatz kommt hierbei entscheidende Bedeutung zu, umso umstrittener ist seine Bestimmung im Einzelfall.
Rz. 187
Der Kapitalisierungszinssatz repräsentiert diejenige Rendite, die ein gedachter Investor aus einer mit dem Unternehmen vergleichbaren, d.h. adäquaten Alternativanlage erzielen könnte. Die Alternativanlage muss den aus dem Unternehmen zu erwartenden Zahlungsströmen hinsichtlich Fristigkeit, Risiko und Besteuerung äquivalent sein. Ausgangspunkt für die Bestimmung der anzusetzenden Rendite der Alternativanlage bildet die beobachtete Rendite einer Anlage in Unternehmensanteile, also ein Aktienportfolio. Dies gilt unabhängig von der Rechtsform des zu bewertenden Unternehmens, da die Möglichkeit der Aktienanlage grds. allen Marktteilnehmern in gleicher Weise zur Verfügung steht. Die Renditen von Aktienportfolios lassen sich grds. in einen Basiszinssatz und in eine von den Anteilseignern aufgrund der Übernahme unternehmerischer Risiken geforderte Risikoprämie zerlegen.
Rz. 188
Im Rahmen der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte ist bei der Bestimmung des Basiszinssatzes von dem landesüblichen Zinssatz einer (quasi-) risikofreien Kapitalmarktanlage auszugehen. Es wird daher i.d.R. auf langfristig erzielbare Renditen öffentlicher Anleihen abgestellt.
Rz. 189
Bei der Festlegung des Basiszinssatzes ist insb. auf die Laufzeitäquivalenz zu achten, also darauf, dass die Geldanlage im zu bewertenden Unternehmen mit einer fristadäquaten alternativen Anlage verglichen wird. Da öffentliche Anleihen mit unbegrenzter Laufzeit am Markt nicht verfügbar sind, sollte der Basiszinssatz ausgehend von aktuellen Zinsstrukturkurven und zeitlich darüber hinausgehenden Prognosen abgeleitet werden. Bei Unternehmen mit einer zeitlich begrenzten Lebensdauer ist ein für diese Frist geltender Zinssatz heranzuziehen.
Rz. 190
Das unternehmerische Risiko wird nach heute wohl einhelliger Meinung durch einen Risikozuschlag zum Basiszinssatz berücksichtigt. Diese Zinszuschlagsmethode hat insb. den Vorteil, dass sie bei der Bemessung des Risikozuschlags eine marktorientierte Vorgehensweise erlaubt (vgl. auch Rdn 159), da für die Ermittlung des im Einzelfall angemessenen Zuschlags die Analyse vergleichbarer Unternehmen oder der Branche mit einbezogen werden kann. Letztendlich orientiert sich aber die Höhe des Risikozuschlags an den Verhältnissen des zu bewertenden Unternehmens, und zwar sowohl hinsichtlich der operativen Risiken, die aus der Art der betrieblichen Tätigkeit resultieren, als auch hinsichtlich des aus dem Verschuldungsgrad resultierenden Kapitalstrukturrisikos. Eine bloße Übernahme am Markt beobachteter Risikoprämie kommt daher nicht in Betracht. Dies gilt insb., wenn sich das zu bewertende Unternehmen hinsichtlich seiner spezifischen Risikostruktur von der am Markt beobachteter Unternehmen wesentlich unterscheidet.
Rz. 191
Die Risikoprämien können aus den am Kapitalmarkt empirisch ermittelten Aktienrenditen mit Hilfe von Kapitalmarktpreisbildungsmodellen (CAPM, TAX-CAPM) abgeleitet werden. Sofern die Unternehmensbewertung ohne unmittelbare Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern erfolgt, lässt sich die hierzu erforderliche Vorsteuerrendite der Alternativanlage anhand des CAPM ableiten. Sollen persönliche Ertragsteuern berücksichtigt werden, muss die Risikoprämie unter Anwendung des TAX-CAPM abgeleitet werden. Hierbei werden die Wirkungen der persönlichen Ertragsteuern entsprechend berücksichtigt.
Rz. 192
Die erwartete Rendite stellt nach dem TAX-CAPM die Summe aus dem risikolosen Basiszinssatz nach Ertragsteuern und einer Risikoprämie nach Ertragsteuern dar. Die Risikoprämie wird dabei von einem unternehmensindividuellen BETA-Faktor beeinflusst. Entspricht im Einzelfall das Risiko des zu bewertenden Unternehmens dem Risiko der Alternativanlage (Aktienportfolio), stimmt die Rendite der Alternativanlage nach Ertragsteuern mit dem Kapitalisierungszinssatz nach Steuern überein.
Rz. 193
Der BETA-Faktor kann entweder individuell ermittelt oder von Finanzdienstleistern abgefragt werden. Auf jeden Fall ist die Prognoseeignung von BETA-Faktoren im jeweiligen Einzelfall zu würdigen. Hierbei spielen insb. die Zukunftsausrichtung, die Datenqualität und die Angemessenheit im Hinblick auf die Kapitalstruktur eine entscheidende Rolle.
Rz. 194
Bei unmittelbarer Berücksichtigung von persönlichen Steuern setzt sich der Kapitalisierungszinssatz aus dem um die typisierte persönliche Ertragsteuer gekürzten Basiszinssatz und der auf der Basis des TAX-CAPM ermittelten Risikoprämie zusammen. Für die Unternehmensbewertung ohne unmittelbare Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern ergibt sich der zu verw...