a) Überblick
Rz. 125
Wird eine Folgesache aus dem Verbund abgetrennt (§ 140 FamFG), kann dies zur Auflösung des Verbunds führen, so dass das abgetrennte Verfahren seine Eigenschaft als Folgesache verliert und als isolierte Familiensache fortgeführt wird. Die Vorschrift des § 16 Nr. 4 gilt dann ebenso wenig wie die des § 44 FamGKG.
Rz. 126
Von der Abtrennung zu unterscheiden ist die Verfahrenstrennung nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 145 ZPO. Diese ist allerdings grundsätzlich nicht möglich. Dies würde dem Prinzip des Verbundverfahrens widersprechen. Eine Verfahrenstrennung nach § 113 Abs. 2 S. 2 FamFG i.V.m. § 145 ZPO kommt nur in Betracht, wenn eine "Nicht-Folgesache" in unzulässiger Weise im Verbund anhängig gemacht worden ist (siehe dazu Rdn 136) oder wenn eine Folgesache ihre Eigenschaft als Folgesache verliert (siehe dazu Rdn 139).
b) Grundsatz: Keine Lösung aus dem Verbund
Rz. 127
Grundsätzlich erfolgt im Falle der Abtrennung einer Folgesache keine Lösung aus dem Verbund. Das abgetrennte Verfahren bleibt Folgesache (§ 137 Abs. 5 S. 1 FamFG). Kostenrechtlich hat die Abtrennung in diesen Fällen also keine Auswirkungen, abgesehen davon, dass Teilfälligkeiten eintreten können (§ 8 Abs. 1 S. 2) und auch die Verjährungsfristen gegebenenfalls unterschiedlich laufen.
Rz. 128
Für die Anwaltsgebühren gilt unbeschadet einer Abtrennung, die keine Lösung aus dem Verbund zur Folge hat, weiterhin § 16 Nr. 4. Das gesamte Verbundverfahren ist eine Angelegenheit und kann nur einheitlich abgerechnet werden.
Rz. 129
Auch am Verfahrenswert ändert sich nichts. Es bleibt bei der einheitlichen Bewertung nach § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG.
Beispiel: Im Scheidungstermin wird der Versorgungsausgleich abgetrennt (Werte: Ehesache 6.000 EUR; Versorgungsausgleich 1.200 EUR).
Es gilt § 137 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 5 S. 1 FamFG. Der Versorgungsausgleich bleibt Folgesache. Über die Ehesache wird lediglich vorweg entschieden. Es ist daher einheitlich abzurechnen:
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
652,60 EUR |
|
(Wert: 7.200 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
602,40 EUR |
|
(Wert: 7.200 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.275,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
242,25 EUR |
Gesamt |
|
1.517,25 EUR |
Rz. 130
Auch, wenn es bei einer Angelegenheit bleibt, wird die Vergütung aus den vorab entschiedenen Verfahrensteilen, zu unterschiedlichen Zeitpunkten fällig, so dass über den abgeschlossenen Teil bereits eine Rechnung erteilt werden kann und dann nach Beendigung der abgetrennten Folgesachen später die Schlussrechnung zu erstellen ist.
Beispiel: Im Verbundverfahren (Ehesache 6.000 EUR, Versorgungsausgleich 1.200 EUR und elterliche Sorge 1.200 EUR) ist über die Ehesache und die elterliche Sorge vorab am 11.11.2017 entschieden worden. Gleichzeitig ist das Verfahren über den Versorgungsausgleich gem. § 140 Abs. 2 FamFG abgetrennt worden. Eine Entscheidung hierüber ist erst am 20.10.2018 ergangen.
Da mit der Vorabentscheidung über die Ehesache und die elterliche Sorge der Rechtszug insoweit beendet war, ist die Vergütung hieraus mit der Entscheidung am 11.11 2017 fällig geworden (§ 8 Abs. 1 S. 2). Abzurechnen ist nach altem Recht (§ 60):
I. |
Verbundverfahren nach Entscheidung über Ehesache und elterliche Sorge |
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
592,80 EUR |
|
(Wert: 7.200 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
547,20 EUR |
|
(Wert: 7.200 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
1.160,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
220,40 EUR |
Gesamt |
|
1.380,40 EUR |
Die weitere Vergütung ist erst mit der Entscheidung über die Folgesache Versorgungsausgleich fällig geworden (§ 8 Abs. 1 S. 1).
II. |
Verbundverfahren (Schlussrechnung) |
|
|
1. |
1,3-Verfahrensgebühr, VV 3100 |
|
659,10 EUR |
|
(Wert: 8.400.00 EUR) |
|
|
2. |
1,2-Terminsgebühr, VV 3104 |
|
608,40 EUR |
|
(Wert: 8.400 EUR) |
|
|
3. |
Postentgeltpauschale, VV 7002 |
|
20,00 EUR |
4. |
./. bereits abgerechneter (netto) |
|
– 1.160,00 EUR |
|
Zwischensumme |
127,50 EUR |
|
5. |
19 % Umsatzsteuer, VV 7008 |
|
24,23 EUR |
Gesamt |
|
151,73 EUR |
Rz. 131
Zu beachten ist, dass aufgrund der unterschiedlichen Fälligkeiten auch unterschiedliche Verjährungsfristen laufen können.
Beispiel:
Die Vergütung verjährt wie folgt:
▪ |
Die Vergütung aus der Schlussrechnung ist fällig geworden mit dem 10.10.2018. Die Verjährung läuft somit am 31.12.2021 ab. |
▪ |
Die Vergütung aus der Ehesache und der elterlichen Sorge ist am 11.11.2017 fällig geworden. Die Verjährung begann damit am 1.1.2018, war jedoch durch § 8 Abs. 2 zunächst gehemmt. Mit der Schlussentscheidung am 20.10.2018 ist die Hemmung weggefallen, so dass sich jetzt die restliche Verjährungsfrist unmittelbar angeschlossen hat. Die Verjährung dieser Vergütung tritt also mit Ablauf des 20.10.2021 ein, und damit früher als die Verjährung der Vergütung aus der Schlussrechnung. |
c) Ausnahme: Lösung aus dem Verbund
Rz. 132
Kommt es im Falle einer Abtrennung zur Auflösung des Verbunds, wird die abgetrennte Folgesache also zu einer selbstständigen Familiensache, hat dies auch kostenrechtliche Konsequenzen. Der gebüh...