I. Überblick
Rz. 9
Der Gegenstandswert eines Scheidungsverbundverfahrens bemisst sich gem. § 23 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. § 44 Abs. 2 S. 2 FamGKG nach der Summe der Werte von Ehe- und Folgesachen. Die Werte von Ehe- und Folgesachen sind zunächst gesondert zu ermitteln und dann zusammenzurechnen (§ 44 Abs. 2 S. 2 u. 3 FamGKG).
Rz. 10
Für die Ehesache und die einzelnen Folgesachen gelten dabei die Wertvorschriften, die auch für die isolierten Verfahren gelten. Lediglich für bestimmte Kindschaftssachen als Folgesachen ist im Verbundverfahren ein von den isolierten Verfahren abweichender Wert vorgesehen (§ 44 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 FamGKG).
Rz. 11
Die nachfolgende Darstellung kann insoweit nur einen Überblick geben. Hinsichtlich weiterer Fragen wird auf die einschlägige Literatur zum FamGKG verwiesen.
II. Ehesache
1. Scheidung
Rz. 12
Der Wert der Scheidungssache ist in § 43 FamGKG geregelt. Der Verfahrenswert ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen (§ 43 Abs. 1 S. 1 FamGKG). Hinsichtlich der die Einkommensverhältnisse der beteiligten Ehegatten ist in § 43 Abs. 2 FamGKG festgelegt, dass das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten anzusetzen ist.
2. Wechselseitige Scheidungsanträge
Rz. 13
Die Werte wechselseitiger Scheidungsanträge werden nicht addiert (§ 39 Abs. 1 S. 3 FamGKG). Es bleibt beim einfachen Wert, und zwar berechnet nach dem Datum des ersten Scheidungsantrags.
3. Mehrere Ehesachen
Rz. 14
Sind Gegenstand des Verbundverfahrens mehrere Ehesachen (z.B. Aufhebung der Ehe und Scheidung), so sind die Werte jeder Ehesache bezogen auf den Zeitpunkt ihrer Antragstellung gesondert zu bewerten (§ 34 S. 1 FamGKG). Anschließend sind die Werte zusammenzurechnen, es sei denn, einer der Anträge ist nur hilfsweise gestellt. Dann wird nur addiert, wenn über den hilfsweise gestellten Antrag entschieden wird (§ 39 Abs. 1 S. 2, 3 FamGKG).
III. Folgesachen
1. Versorgungsausgleich
a) Überblick
Rz. 15
Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich (§§ 217 ff. FamFG) ist in § 50 FamGKG geregelt. Diese Regelung gilt auch für den Scheidungsverbund. Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen, wenn es um Wertausgleich bei der Scheidung geht.
Rz. 16
Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 20–26 VersAusglG) sind zwar nicht von Amts wegen Gegenstand des Verbundverfahrens. Sie sind aber auf Antrag verbundfähig, wenn ausnahmsweise zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen. Für diesen Fall ist für jedes schuldrechtliche Anrecht ein Betrag in Höhe von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen.
b) Mindestwert
Rz. 17
Vorgesehen ist ein Mindestwert von 1.000 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Dieser Wert kommt nur dann zum Tragen, wenn die Summe aller prozentual errechneten Werte unter 1.000 EUR liegt. Der Mindestwert gilt nicht etwa für jedes Anrecht gesondert.
Rz. 18
Ein Höchstwert ist nicht vorgesehen. Daher kann der Wert des Versorgungsausgleichs auch den Wert der Ehesache übersteigen.
c) Billigkeitskorrektur
Rz. 19
Ist der Regelwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht auch einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen (§ 50 Abs. 3 FamGKG). Eine Unbilligkeit liegt noch nicht darin begründet, dass es nicht zum Ausgleich gekommen ist, zumal es sich hier nicht um einen Einzelfall, sondern um einen Regelfall handelt. Das Unterschreiten des Mindestwerts ist nicht zulässig.
d) Teil- oder Zwischeneinigungen
Rz. 20
Soweit Teil oder Zwischeneinigungen getroffen werden, berührt dies den Verfahrenswert nicht, da dieser sich nach dem Wert aller Anrechte richtet. Für den Gegenstandswert der Einigungsgebühr der Anwälte ist dies allerdings von Bedeutung. Die Einigungsgebühr richtet sich dann nur nach dem Wert der Anrechte, über die eine Einigung getroffen worden ist. Zu beachten ist, dass der Mindestwert hier nicht gilt. Zu Einzelheiten siehe Rdn 104.
2. Kindschaftssachen
Rz. 21
Für Kindschaftssachen im Verbund ist nicht § 45 FamGKG anzuwenden, da dieser lediglich für selbstständige Kindschaftssachen gilt; vielmehr enthält § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG eine ...