1. Versorgungsausgleich
a) Überblick
Rz. 15
Der Wert der Folgesache Versorgungsausgleich (§§ 217 ff. FamFG) ist in § 50 FamGKG geregelt. Diese Regelung gilt auch für den Scheidungsverbund. Für jedes Anrecht ist ein Betrag in Höhe von 10 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen, wenn es um Wertausgleich bei der Scheidung geht.
Rz. 16
Ausgleichsansprüche nach der Scheidung (§§ 20–26 VersAusglG) sind zwar nicht von Amts wegen Gegenstand des Verbundverfahrens. Sie sind aber auf Antrag verbundfähig, wenn ausnahmsweise zum Zeitpunkt der Rechtskraft der Scheidung die Voraussetzungen des § 137 Abs. 2 S. 1 FamFG vorliegen. Für diesen Fall ist für jedes schuldrechtliche Anrecht ein Betrag in Höhe von 20 % des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens beider Ehegatten anzusetzen.
b) Mindestwert
Rz. 17
Vorgesehen ist ein Mindestwert von 1.000 EUR (§ 50 Abs. 1 S. 2 FamGKG). Dieser Wert kommt nur dann zum Tragen, wenn die Summe aller prozentual errechneten Werte unter 1.000 EUR liegt. Der Mindestwert gilt nicht etwa für jedes Anrecht gesondert.
Rz. 18
Ein Höchstwert ist nicht vorgesehen. Daher kann der Wert des Versorgungsausgleichs auch den Wert der Ehesache übersteigen.
c) Billigkeitskorrektur
Rz. 19
Ist der Regelwert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht auch einen höheren oder niedrigeren Wert festsetzen (§ 50 Abs. 3 FamGKG). Eine Unbilligkeit liegt noch nicht darin begründet, dass es nicht zum Ausgleich gekommen ist, zumal es sich hier nicht um einen Einzelfall, sondern um einen Regelfall handelt. Das Unterschreiten des Mindestwerts ist nicht zulässig.
d) Teil- oder Zwischeneinigungen
Rz. 20
Soweit Teil oder Zwischeneinigungen getroffen werden, berührt dies den Verfahrenswert nicht, da dieser sich nach dem Wert aller Anrechte richtet. Für den Gegenstandswert der Einigungsgebühr der Anwälte ist dies allerdings von Bedeutung. Die Einigungsgebühr richtet sich dann nur nach dem Wert der Anrechte, über die eine Einigung getroffen worden ist. Zu beachten ist, dass der Mindestwert hier nicht gilt. Zu Einzelheiten siehe Rdn 104.
2. Kindschaftssachen
Rz. 21
Für Kindschaftssachen im Verbund ist nicht § 45 FamGKG anzuwenden, da dieser lediglich für selbstständige Kindschaftssachen gilt; vielmehr enthält § 44 Abs. 2 S. 1 FamGKG eine gesonderte Regelung. Danach ist ein Verfahrenswert i.H.v. 20 % des Werts der Ehesache anzusetzen, höchstens jedoch 4.000 EUR (bis 31.12.2020: 3.000 EUR). Das Gesetz spricht zwar davon, dass sich der Wert der Ehesache "erhöht". Gemeint ist jedoch, dass die Kindschaftssache einen eigenen selbstständigen Wert hat.
Rz. 22
Bei Unbilligkeiten kann nach § 44 Abs. 3 FamGKG der prozentuale Betrag herauf- oder herabgesetzt werden. Auch der Höchstwert von 4.000 EUR (bis 31.12.2020: 3.000 EUR) kann dabei überschritten werden.
Rz. 23
Sind mehrere Kinder betroffen, ist nur von einem Gegenstand auszugehen (§ 44 Abs. 2 S. 1, Hs. 2 FamGKG). Das Gesetz fingiert also auch bei mehreren Kindern im Verbund nur einen Gegenstand, so dass nur einmal nach § 44 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 FamGKG zu bewerten ist. Allerdings kann die Anzahl der Kinder zu einer Unbilligkeit i.S.d. § 44 Abs. 3 FamGKG führen, insbesondere dann, wenn hinsichtlich der jeweiligen Kinder unterschiedliche Regelungen zu treffen sind.
Rz. 24
Werden wechselseitige Anträge zur selben Kindschaftssache gestellt, bleibt es ebenfalls beim einfachen Wert (§ 39 Abs. 1 S. 1, 3 FamGKG). Allerdings kann auch hier wegen der besonderen Bedeutung und des möglicherweise größeren Umfangs eine Unbilligkeit i.S.d. § 44 Abs. 3 FamGKG gegeben sein, die eine Wertanhebung rechtfertigt.
Rz. 25
Sind dagegen mehrere Kindschaftssachen Teil des Verbundverfahrens, dann sind diese einzeln zu bewerten und zusammenzurechnen.
Rz. 26
Auch in Kindschaftssachen sind nach zutreffender Ansicht Zwischeneinigungen möglich. Allerdings wird hier i.d.R. dann ein geringerer Wert angenommen, wobei häufig vom hälftigen Hauptsachewert ausgegangen wird. Dieser Wert spielt allerdings nur für die Anwaltsgebühren eine Rolle.
Rz. 27
Wird eine Kindschaftssache aus dem Verbund abgetrennt (§ 140 FamFG) oder nach Abweisung oder Rücknahme des Scheidungsantrags fortgeführt (§§ 141, 142 FamFG), so wird sie damit zur selbstständigen Familiensache (§ 137 Abs. 5 S. 2 FamFG). Es gilt mit der Abtrennung für das neu beginnende selbstständige Verfahren der höhere Wert des § 45 FamGKG (ausführlich si...