Leitsatz
Nicht miteinander verheiratete Eltern zweier minderjähriger Kinder stritten um das Umgangsrecht des Vaters. Die Kindesmutter war für die Kinder allein sorgeberechtigt.
Der Vater hatte die Regelung des Umgangs beim Familiengericht beantragt. In einem Anhörungstermin im "beschleunigten Familienverfahren" wurde laut Protokoll den Anwesenden der Umfang des Umgangs von der Vertreterin des Jugendamts und dem Gericht vorgehalten. Die Mutter äußerte sich hierzu nicht. Der Vater war einverstanden. Eine Anhörung der Kinder der Parteien ist nicht erfolgt.
Am Schluss des Anhörungstermins hat das AG den Umgang des Vaters mit seinen Kindern geregelt, wobei die Regelung über den von ihm beantragten Umgang hinausging.
Gegen diesen Beschluss wandte sich die Mutter mit der Beschwerde.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Die befristete Beschwerde der Mutter führte zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückverweisung.
Das KG stützte seine Entscheidung zunächst darauf, dass eine Anhörung der Kinder unterblieben war. Die Kinder seien gemäß § 50b Abs. 1 und 3 FGG, der auch nach Inkrafttreten des § 50e FGG am 1.7.2008 unverändert fortgelte, in einem Verfahren, dass die Personensorge betreffe, grundsätzlich persönlich anzuhören, wenn die Neigungen, Bindungen oder der Wille der Kinder von Bedeutung sei. Von solchen Anhörungen dürfe nur aus schwerwiegenden Gründen abgesehen werden. Solche lägen nur dann vor, wenn durch die Anhörung das Kind aus seinem seelischen Gleichgewicht gebracht werde und eine Beeinträchtigung seines Gesundheitszustandes zu besorgen sei (vgl. BGH NJW-RR 1986, 1130/1131; Engelhard in Keidel/Kunze/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 50b FGG Nr. 27 m.w.N.).
Anhaltspunkte dafür, dass ein solcher Grund hier vorgelegen habe, lasse sich aus der Akte nicht entnehmen.
Darüber hinaus sei der Mutter nicht ausreichend rechtliches Gehör gewährt worden. Sie habe nach dem mit der Ladung übersandte Merkblatt davon ausgehen können, dass der gemäß § 50e FGG anberaumte Anhörungstermin im "Beschleunigten Familienverfahren" in erster Linie der einvernehmlichen Beilegung des Elternkonflikts und der Herausarbeitung tragfähiger Bedingungen für dessen dauerhafte Lösung dienen sollte und allenfalls eine vorläufige Regelung erfolgen würde.
Zwar sei es auch im "Beschleunigten Familienverfahren" grundsätzlich möglich, bereits nach dem ersten Anhörungstermin eine abschließende Entscheidung zu treffen. Voraussetzung hierfür sei jedoch neben erfolglosen Vermittlungsbemühungen des Gerichts ein ausdrücklicher Hinweis auf die Möglichkeit einer abschließenden Entscheidung sowie die ausreichende Gelegenheit, sich hierzu zu äußern.
Es sei nicht ersichtlich, dass dies in dem Anhörungstermin erfolgt sei. Weder aus dem Protokoll noch aus einem im Anschluss an den Anhörungstermin durch das Gericht gefertigten Vermerk ergebe sich, was im Einzelnen mit welcher Zielrichtung - insbesondere hinsichtlich einer einvernehmlichen Beilegung des Konflikts oder der Inanspruchnahme einer professionellen Beratung der Eltern - erörtert worden sei. Auch ein Hinweis auf die Möglichkeit einer verfahrensabschließenden Entscheidung sei nicht dokumentiert.
Hinweis
Die Entscheidung des KG bleibt auch für Verfahren von Bedeutung, die sich nach dem zum 1.9.2009 in Kraft getretenen FamFG richten. § 155 FamFG enthält ein § 50e FGG entsprechendes Vorrang- und Beschleunigungsgebot. Gemäß § 69 Abs. 1 FamFG kann die Aufhebung und Zurückverweisung eines wesentlichen Verfahrensmangels nur noch auf Antrag erfolgen.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 23.12.2008, 18 UF 156/08