Leitsatz
Besteht in einer Wohnungseigentumsanlage eine gemeinsame Müllentsorgung, hat ein einzelner Wohnungseigentümer keinen Anspruch darauf, dass er von der Pflicht zur anteiligen Tragung der gemeinsamen Müllkosten befreit und ihm das Aufstellen eigener Sammelgefäße ermöglicht wird.
Normenkette
WEG §§ 10 Abs. 2 Satz 3, 16 Abs. 2 und Abs. 3, 21 Abs. 8
Das Problem
In einer Wohnungseigentumsanlage (1 Mehrfamilienhaus mit 27 Wohnungen und 10 weiteren Wohnungen in der äußeren Form von Reihenhäusern) gibt es Müllcontainer, welche von den Wohnungseigentümern gemeinschaftlich genutzt werden. Die Entsorgungskosten werden nach Miteigentumsanteilen umgelegt. Wohnungseigentümerin K – diese bewohnt ein "Reihenhaus" – stellt in einer Versammlung erfolglos den Antrag, eine eigene Mülltonne in ihrem Vorgarten, an welchem sie ein Sondernutzungsrecht hat, aufzustellen. Im "Gegenzug" will sich K nicht mehr an den Kosten der gemeinsamen Müllentsorgung beteiligen. Hiergegen richtet sich K's Anfechtungsklage verbunden mit einem entsprechenden Verpflichtungsantrag. Das Amtsgericht gibt der Klage statt. Die beklagten Wohnungseigentümer legen Berufung ein. Mit Erfolg!
Die Entscheidung
K habe keinen Anspruch, aus der gemeinsamen Müllentsorgung entlassen zu werden.
Änderung des Umlageschlüssels
K begehre keine Änderung des Umlageschlüssels. Eine solche Änderung könne gegen den Widerspruch der anderen Wohnungseigentümer nur unter den Voraussetzungen des § 10 Abs. 2 Satz 3 WEG durchgesetzt werden (Hinweis auf BGH v. 17.12.2010, V ZR 131/10, Rn. 11).
Befreiung von den Müllkosten
- K begehre von den gemeinsamen Müllkosten – Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums, nämlich Betriebskosten im Sinne des § 16 Abs. 2, Abs. 3 WEG, § 556 BGB, § 2 Nr. 8 BetrkV – befreit zu werden und ihren eigenen Müll selbstständig entsorgen zu können.
- Hierfür gebe es keinen Anspruch. Zwar werde vertreten, dass in Ausnahmefällen ein Wohnungseigentümer auch einen Anspruch auf Befreiung von bestimmten Kosten haben könne. Diskutiert werde dies etwa für verbrauchsabhängige Kosten im Falle des dauerhaften Leerstandes einer Wohnung wegen Unverkäuflichkeit. Um einen solchen gesondert gelagerten Ausnahmefall handele es sich aber nicht.
- K begehre die Freistellung von der Pflicht zur Tragung der gemeinsamen Müllkosten, weil sie – der Sache nach zu Recht – der Ansicht sei, nicht ihrem Kostenanteil entsprechend Müll zu erzeugen. Dieses entspreche allerdings dem typischen Risiko von Betriebskosten, da diese – was gerade bei den Kosten der Müllentsorgung offensichtlich sei – nach einem generellen Verteilmaßstab umzulegen seien, ohne dass insoweit die Einzelbelange jedes einzelnen Eigentümers berücksichtigt werden könnten. Daher entspreche es gefestigter Rechtsprechung auch des Bundesgerichtshofes, dass jeder Wohnungseigentümer für Betriebskosten in gleicher Weise auch dann aufkommen müsse, wenn er bestimmte Einrichtungen, wie z.B. Treppenhaus, Aufzug, Kinderspielplatz, Fahrradkeller, Waschmaschinen- oder Tischtennisräume, nicht nutze (Hinweis auf BGH v. 28.6.1984, VII ZB 15/83, NJW 1984 S. 2576, 2577). Denn es bestehe gerade kein Grundsatz dahingehend, dass ein Wohnungseigentümer Kosten für Einrichtungen nicht oder nur in einem geringen Umfang zu tragen habe, wenn ihm diese persönlich keinen Nutzen bereiteten (Hinweis auf BGH v. 28.6.1984, VII ZB 15/83, NJW 1984 S. 2576, 2577).
- Hieraus ergebe sich, dass K – auch wenn sie nur in geringem Umfang Müll erzeuge – sich weiterhin an der gemeinsamen Müllentsorgung beteiligen müsse. Insoweit sei zudem auch zu berücksichtigen, dass gerade bei größeren Wohnungseigentumsanlagen auch Müll auf dem gemeinschaftlichen Eigentum anfallen könne, dessen Entsorgung ebenfalls eine gemeinschaftliche Aufgabe ist.
- Ob die Voraussetzungen vorlägen, unter denen K einen Anspruch auf Abänderung des Umlageschlüssels etwa dahingehend habe, dass nicht nach Miteigentumsanteilen, sondern nach Wohnungen, Bewohnerzahl etc. differenziert oder eine generelle Regelung dahingehend beschlossen werde, dass lediglich eine Gemeinschaftsmüllentsorgung für das Mehrfamilienhaus angeboten wird, bedürfe in diesem Fall keiner Entscheidung. Mit einem solchen Antrag sei die Versammlung nicht befasst gewesen, sodass insoweit auch eine entsprechende Entscheidung des Gerichtes nicht möglich sei. Zwar sei für den insoweit gestellten Antrag nach § 21 Abs. 8 WEG nicht erforderlich, dass die Klägerseite einen konkreten Klageantrag stelle. Allerdings sei es zwingend erforderlich, dass die Versammlung mit dem entsprechenden Beschlussbegehren zuvor befasst werde. Denn es sei Aufgabe der Wohnungseigentümer und nicht des Gerichtes, Entscheidungen über die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums zu treffen.
Kommentar
Anmerkung
- Im Einzelfall kann die Abwägung aller Umstände dazu führen, dass nur eine Maßnahme, etwa eine verbrauchsabhängige Umlage, ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Kommt in diesem Fall eine Umlagevereinbarung bzw. die Änderung einer bestehenden Umlagevereinbarung nicht zust...