1 Leitsatz
Ein Wohnungseigentümer kann gegen einen (ehemaligen) Verwalter weder Auskunfts- noch Rechenschaftsansprüche geltend machen.
2 Normenkette
§ 18 Abs. 4 WEG; §§ 666, 675 BGB
3 Das Problem
Wohnungseigentümerin K klagt gegen den bis zum 31.12.2020 bestellten Verwalter B auf Einsicht in Kontoauszüge für die Jahre 2018 bis 2020. Das AG weist die Klage ab. K sei nicht befugt, den Anspruch geltend zu machen. Hiergegen richtet sich die Berufung. K ist der Auffassung, ihr stehe ein Einsichtnahmerecht zumindest aus §§ 675, 666 BGB i. V. m. dem Verwaltervertrag zu. Die anderen Wohnungseigentümer hätten an einer Auseinandersetzung mit B kein Interesse. Sie – die Klägerin – habe aber einen Anspruch auf eine Auskunft über die eingenommenen und ausgegebenen Gelder.
4 Die Entscheidung
Dies sieht das LG nicht so! K habe gegen B keinen Anspruch. Nach dem geltenden Recht bestünden keine Rechtsbeziehungen zwischen den Wohnungseigentümern und dem Verwalter, nach denen ein Wohnungseigentümer Auskunft verlangen könne. Der Einsichtnahmeanspruch der Wohnungseigentümer in die Verwaltungsunterlagen sei mit § 18 Abs. 4 WEG abschließend geregelt worden. Soweit K diesen Einsichtnahmeanspruch geltend mache, richte sich der Anspruch gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Diese sei aber nicht verklagt und könne nach dem Vortrag der K den Anspruch auch nicht erfüllen, weil der aktuelle Verwalter nicht die zur Einsicht begehrten Unterlagen von B bekommen habe. Ein Herausgabeanspruch der Unterlagen, der wohl voranging geltend zu machen sei, stehe nur der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu.
Zwar gebe es gegen B auch aus dem Verwaltervertrag einen Rechenschaftsanspruch (Hinweis auf LG Dortmund, Urteil v. 1.3.2022, 1 S 172/21). Gläubiger dieses Anspruchs sei aber die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. K sei dem B auch nie vertraglich verbunden gewesen. Inwieweit der Verwaltervertrag Schutzwirkung zugunsten der Wohnungseigentümer entfalte, könne dahinstehen: Hieraus resultierten keine Leistungsansprüche.
Wenn K geltend mache, die anderen Wohnungseigentümer hätten an einer ordnungsmäßigen Verwaltung kein Interesse, ändere das nichts. K müsse dann Beschlüsse herbeiführen und im Fall der Ablehnung im Wege der Beschlussersetzungsklage gegen die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer vorgehen. Eine Möglichkeit für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zu klagen, sehe das aktuelle Recht nicht vor. Angesichts der Möglichkeit der Beschlussersetzungsklage bestehe dazu auch kein Bedürfnis.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall geht es um die Frage, ob ein Wohnungseigentümer vom Verwalter eine Leistung (hier: Einsichtnahme in Verwaltungsunterlagen) verlangen kann.
Einsicht in die Verwaltungsunterlagen nach WEG
Ein Wohnungseigentümer kann von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer Einsicht in die Verwaltungsunterlagen verlangen. Ein Anspruch gegen den Verwalter besteht, wie vom LG entschieden, nicht. Fehlen Verwaltungsunterlagen, muss der Altverwalter diese nur an die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer herausgeben.
Einsicht in die Verwaltungsunterlagen nach BGB
Nach § 667 BGB ist der Verwalter als Vertragspartei der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verpflichtet, der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer alles, was er zur Ausführung des Auftrags erhält und was er aus der Geschäftsbesorgung erlangt, herauszugeben. Ein Wohnungseigentümer kann ermächtigt werden, diesen Anspruch geltend zu machen.
Gemeinschaft der Wohnungseigentümer bleibt untätig
Bleibt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer gegenüber einem Verwalter untätig, der seine Pflichten verletzt, kann ein Wohnungseigentümer ein Tätigwerden erzwingen. Dieser Weg ist allerdings "dornig", da zunächst die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer verklagt werden muss. Es hätte daher "Charme", wenn ein Wohnungseigentümer für die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer etwas unternehmen kann. Ich halte eine solche Klage in Extremfällen entsprechend § 715b Abs. 1 Satz 1 BGB (Fassung ab dem 1.1.2024) gegenüber anderen Wohnungseigentümern für möglich, grundsätzlich nicht aber gegenüber Dritten.
6 Entscheidung
LG Frankfurt a. M., Beschluss v. 21.10.2022, 2-13 S 59/22