Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 8 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 138 BGB, § 242 BGB
Kommentar
1. Hinsichtlich begründeter fünf Teileigentumseinheiten kam es nach Verkäufen zu Umbauten und Nutzungsänderungen in einzelnen Einheiten. In der Teilungserklärung war ferner vereinbart, dass "die Festlegung der Miteigentumsanteile unter Zugrundelegung der derzeitigen Wertverhältnisse des jeweiligen Sondereigentums erfolgt".
2. Vorgenannte Vereinbarung der Teilungserklärung ist dahin auszulegen, dass ein Teileigentümer bei einer wesentlichen Änderung der Wertverhältnisse seines Sondereigentums einen Anspruch auf Änderung der Miteigentumsanteile hat; eine Abänderung nur des Kostenverteilungsschlüssels kommt hier nicht in Betracht. Verwiesen wird insoweit auf den Beschluss des Senats vom 27. 9. 1996 ( BayObLG, Beschluss v. 27. 9. 1996, Az.: 2Z BR 80/96= WE 97, 158); durch diese Entscheidung wurde das Streitverfahren an das Landgericht zurückverwiesen.
Die Wertverhältnisse der Teileigentumseinheiten haben sich jedoch nicht geändert, wie dies neuerlich vom LG nach einem eingeholten Sachverständigengutachten festgestellt wurde. Der Sachverständige hat den Verkehrswert der gewerblich genutzten Teileigentumseinheiten nach dem Ertragswertverfahren ermittelt; dieses Verfahren ist grundsätzlich bei bebauten Grundstücken anzuwenden, die zur Ertragserzielung (durch Vermietung oder Verpachtung) bestimmt sind oder zur Produktion oder Dienstleistung eigengenutzt werden, ferner für gemischt genutzte Grundstücke, die vermietet sind (vgl. BGH, NJW 1970, 2018/2019; WPM 1977, 1055/1058 sowie Simon/Kleiber, Schätzung und Ermittlung von Grundstückswerten, 7. Aufl.).
Vorliegend ergab das Sachverständigengutachten zum Ertrags- und gleichzeitig Verkehrswert der Gesamtanlage keine deutlich ins Gewicht fallenden Wertverschiebungen. Dies trifft auch für den vorliegenden Fall zu, in dem die Teilungserklärung mit Gemeinschaftsordnung - wie hier - eine Abänderung der Miteigentumsanteile bei einer Wertverschiebung grundsätzlich vorsieht. Der Anspruch auf Abänderung der Miteigentumsanteile war damit auch nicht nach § 242 BGB begründet.
3. Der Anspruch auf Änderung der Miteigentumsquoten ließ sich auch nicht mit einem Verstoß gegen die guten Sitten ( § 138 BGB) begründen. Ein sittenwidriges Verhalten bei der Begründung der Teileigentumsrechte wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn der teilende Antragsgegner die tatsächlichen Wertverhältnisse gekannt und entgegen seiner Erklärung in der Teilungserklärung die Miteigentumsanteile abweichend von den Wertverhältnissen festgelegt hätte, um dem Inhaber einzelner Teileigentumsrechte eine geringere Beteiligung an den gemeinschaftlichen Kosten und Lasten zu verschaffen; hierfür bestanden im vorliegenden Fall jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte.
4. Nach den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen käme deshalb eine Änderung der in der Teilungserklärung festgelegten Miteigentumsanteile oder des festgelegten Kostenverteilungsschlüssels, wenn eine Teilungserklärung eine Änderung nicht vorsieht, gem. § 242 BGBnur für den Fall in Betracht, dass wegen außergewöhnlicher Umstände ein Festhalten an der geltenden Regelung grob unbillig wäre und damit gegen Treu und Glauben verstieße; diese Voraussetzungen seien hier noch nicht gegeben, wenngleich die maßgebende Grenze nahezu erreicht werde.
5. Auch außergerichtliche Kostenerstattung zu Lasten des unterlegenen Antragstellers in der Rechtsbeschwerdeinstanz bei Geschäftswert von DM 10.000.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 27.08.1998, 2Z BR 35/98- BayObLGZ 1998 Nr. 51)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung