Leitsatz
Der (werdende) Eigentümer hat einen Anspruch auf ordnungsmäßige und gesetzmäßige Verwaltung. Dazu gehört auch ein rechtlich einwandfreies Vorgehen bei der Herbeiführung und Leitung einer Versammlung. Den Anspruch kann er im vorläufigen Rechtsschutz durchsetzen.
Normenkette
WEG § 24 Abs. 1, 3, 5; ZPO §§ 935 ff.
Das Problem
Wohnungseigentümer A beantragt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, es dem AG zu verbieten, eine Versammlung einzuberufen. Das Amtsgericht weist den Antrag ab. Dagegen führt A die sofortige Beschwerde. Mit Erfolg!
Die Entscheidung
Verfügungsanspruch
- K habe einen Verfügungsanspruch glaubhaft gemacht. Denn K habe glaubhaft gemacht, werdender Wohnungseigentümer in der Wohnungseigentumsanlage X zu sein, zu deren Versammlung AG eingeladen habe. K habe weiter glaubhaft gemacht, dass AG zu einer Ladung nicht befugt sei, insbesondere nicht der Verwalter sei. Denn A habe glaubhaft gemacht, dass nach der Gemeinschaftsordnung die X-GmbH der Verwalter und damit gemäß § 24 Abs. 1 WEG zur Einberufung von Versammlungen befugt sei. A habe schließlich glaubhaft gemacht, dass AG auch nicht gemäß § 24 Abs. 5 WEG befugt sei, die Versammlung abzuhalten und die Versammlung zu führen.
- A habe einen Anspruch auf ordnungsmäßige und gesetzesgemäße Verwaltung. Dazu gehöre ein rechtlich einwandfreies Vorgehen bei der Herbeiführung einer Versammlung und ihrer Leitung. A habe auch einen Anspruch auf Unterbindung der Herbeiführung und Durchführung einer Versammlung, die nicht im Einklang mit Gesetz und Recht stehe. Er müsse nicht sehenden Auges das Zustandekommen einer Versammlung hinnehmen, die den rechtlichen Vorgaben nicht genüge.
Verfügungsgrund
- Es bestehe auch ein Verfügungsgrund. A sei zur Wahrung seines Rechts auf ordnungsmäßige und gesetzesgemäße Verwaltung auf einstweiligen Rechtsschutz angewiesen. Dem Erlass der einstweiligen Verfügung stehe nicht bereits das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache entgegen. Die von A im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes begehrten Anordnungen hätten ihren Schwerpunkt in einem abwehrenden Charakter, bei der als Unterart der Leistungs- oder Befriedigungsverfügung das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache dem Erlass nicht grundsätzlich entgegenstehe. Hierbei sei es zwar so, dass nicht allein der Umstand, dass die geschuldete Handlung so kurzfristig zu erbringen sei, dass die Erwirkung eines Titels im ordentlichen Verfahren nicht möglich sei, schon den Erlass einer einstweiligen Verfügung rechtfertige. Es sei vielmehr eine Interessenabwägung vorzunehmen. Hierbei sei auch darauf abzustellen, ob dem Antragsteller nicht auch mit einer späteren Realisierung seines Rechts hinreichend gedient sei.
- Die Kammer halte es in der vorliegenden Konstellation aber nicht für angemessen, A auf die spätere Durchführung eines Anfechtungsverfahrens zu verweisen. Gerade mit Blick auf die angekündigten Beschlussgegenstände erscheine es geboten, bereits die Durchführung der Versammlung durch AG zu untersagen und damit A nicht die vorläufige Vollziehbarkeit etwaig hierzu gefasster, jedoch anfechtbarer Beschlüsse zuzumuten. Dies gelte auch unter Berücksichtigung des Umstands, dass die Wohnungseigentümer auch ein Interesse haben, zeitnah über die angekündigten Beschlussgegenstände zu entscheiden, insbesondere über den Wirtschaftsplan. Die Beschlüsse zu Abrechnung, Geltendmachung von Nacherfüllungs- und Gewährleistungsansprüchen hätten eminente Bedeutung. Zudem solle AG eine Verwaltervollmacht erteilt werden.
- Ein Verfügungsgrund entfalle auch nicht unter Berücksichtigung des Selbstorganisationsrechts der Wohnungseigentümer deshalb, weil es möglicherweise zu einer Vollversammlung kommen könnte, so dass Ladungsmängel nicht durchgreifen würden. Gerade der hier gerügte Mangel der Ladung und letztlich auch angekündigten Durchführung einer Versammlung durch eine unzuständige Person lege das Entstehen weiterer formeller Fehler nahe. Darüber hinaus dürfe nicht verkannt werden, dass formelle Fehler im Regelfall zur Aufhebung der hiermit behafteten Beschlüsse führten und A einen Anspruch auf ordnungsmäßige Durchführung der Versammlung habe.
Rechtsschutzbedürfnis
Es fehle auch nicht bereits an einem Rechtsschutzbedürfnis für die begehrte einstweilige Verfügung, weil die auf der angekündigten Versammlung gefassten Beschlüsse ohne Weiteres nichtig wären. Soweit ein außenstehender Dritter zur Versammlung lade, würde dies nach einer Ansicht der Rechtsprechung allerdings nicht zur bloßen Anfechtbarkeit der Beschlüsse, sondern zu Nichtbeschlüssen führen, da schon keine Versammlung vorliege. Nach anderer Ansicht führe dies nur zur Anfechtbarkeit der betroffenen Beschlüsse (Hinweis auf Merle in Bärmann, WEG, 13. Auflage, § 23 Rn. 181). Vor dem Hintergrund, dass hier unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls im Rahmen eines möglichen Anfechtungsverfahrens gegebenenfalls von einer bloßen Anfechtbarkeit ausgegangen werden könnte, könne A ein Rechtsschutzbedürfnis nicht abgesprochen werden.
Kommentar