Leitsatz

  1. Erneut: Ausländischer Eigentümer oder Mieter (Italiener) hat Anspruch auf Anbringung einer Parabolantenne! Sein Informationsinteresse hat Vorrang vor den Eigentumsinteressen der Eigentümer!
  2. Ungültiger Standortzuweisungsbeschluss der Eigentümer!
 

Normenkette

§§ 14, 22 Abs. 1 WEG;Art. 5, 14 GG; §§ 242, 1004 BGB

 

Kommentar

  1. Das Interesse dauerhaft in Deutschland lebender Ausländer als Wohnungseigentümer oder Mieter einer Eigentumswohnung zur Installation einer Parabolantenne als Voraussetzung für den Empfang von Heimatlandprogrammen hat i.d.R. Vorrang vor dem geschützten Interesse der restlichen Eigentümer an der auch optisch ungeschmälerten Erhaltung ihres Eigentums (Gemeinschaftseigentums).
  2. Ein Beschluss der Eigentümer über einen bestimmten Standort der Antennenanbringung entfaltet keine Bindungswirkung, wenn an diesem Standort der Empfang erwünschter Programme nicht gewährleistet ist.
 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 12.02.2003, 2 W 217/02, NZM 14/2003, 558

Anmerkung

Nach wie vor bin ich der Auffassung, dass sich dieses Entscheidungsergebnis auch im Rahmen der Interessenabwägung der einschlägigen Grundrechte (hier positive Informationsfreiheit und dort negative Informationsfreiheit und Eigentümerschutz) nicht rechtfertigen lässt, auch nicht unter Berücksichtigung des Gleichheits- bzw. Gleichberechtigungsgrundsatzes in Deutschland lebender ausländischer Eigentümer oder Mieter. Einem Deutschen wird bekanntlich ein solches Vorrecht, vielleicht ebenfalls ausländische Programme empfangen zu wollen, über die Grundsätze des § 22 Abs. 1 WEG (bauliche Veränderung des Gemeinschaftseigentums durch Antennenanbringung) verwehrt. Empfangsmöglichkeit eines erwünschten Senders über gemeinschaftliches Kabel stünde ebenfalls separaten Antenneninstallationen entgegen. Im Übrigen kann m.E. auch ein Ausländer nicht die Empfangsmöglichkeit aller Programme seines Heimatlandes beanspruchen, allenfalls die führenden staatlichen Sender (z. B. RAI uno, duo). Muss man allerdings einem Ausländer ein solches Vorrecht einräumen, kann dieses Recht natürlich nicht durch einen Mehrheitsbeschluss über eine bestimmte Standortbestimmung der Anbringung einer solchen Antenne zunichte gemacht werden, wenn dort das erwünschte Heimatlandprogramm nicht empfangen werden kann. Der Senat geht in einem solchen Fall offensichtlich von genereller Beschlussnichtigkeit (wegen verfassungsrechtlicher Grundrechtsverletzung) aus, nicht nur von einem anfechtungsbehafteten Eigentümerbeschluss. Zumindest optisch-ästhetische Nachteile des Fassadenbildes müssen dann von der Gesamtgemeinschaft hingenommen werden; Einschränkungen und Auflagen entsprechen allerdings sicher dann Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn durch eine Anbringung Bau- und Einrichtungsteile des Gemeinschaftseigentums beschädigt werden oder mit Folgeschadensrisiko behaftet und gefährdet anzusehen sind (Verankerungsfragen, Kabelführung usw.). Was Einschränkungen in einem Auflagenbeschluss der Eigentümer betrifft, wird also stets auf den jeweiligen Einzelfall abzustellen sein. Zur Entwicklung der Rechtsprechung in diesem nach wie vor umstrittenen Bereich vgl. zuletzt Maaß/Hitpaß in NZM 2003, 181.

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