Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Anspruch auf Wahlanwaltsvergütung
Rz. 13
§ 9 BerHG bezweckt, dass der Gegner des Rechtsuchenden keinen Nutzen daraus ziehen soll, dass durch die Beratungshilfe die Rechtsverfolgung verbilligt ist. Deshalb bestimmt § 9 S. 1 BerHG, dass sich die Höhe eines Ersatzanspruchs des Rechtsuchenden gegen den Gegner nach der Höhe der Vergütung der Beratungsperson nach den allgemeinen Vorschriften richtet. Ist die Beratungsperson ein Rechtsanwalt, ist die Vergütung eines Wahlanwalts gemeint, nicht etwa die Beratungshilfevergütung. § 9 S. 1 BerHG gilt für alle Beratungspersonen.
2. Gesetzlicher Forderungsübergang auf die Staatskasse
Rz. 14
Nach § 9 S. 2 BerHG geht ein Anspruch des Rechtsuchenden gegen seinen Gegner auf Ersatz der Rechtsverfolgungskosten in Höhe der gesetzlichen Rechtsanwaltsgebühren auf die Beratungsperson über (vgl. auch § 58 Rdn 9). Hierbei handelt es sich um einen gesetzlichen Anspruchsübergang, bei dem der Rechtsuchende sein Recht verliert und die Beratungsperson dieses Recht erwirbt. Die Beratungsperson tritt damit an die Stelle des Rechtsuchenden als Gläubiger des Ersatzanspruchs. Der Ersatzanspruch ist dann im eigenen Namen der Beratungsperson geltend zu machen. Der Anspruch auf Ersatz von Rechtsverfolgungskosten geht nur über, soweit der Anspruch überhaupt besteht. Steht dem Rechtsuchenden kein Erstattungsanspruch gegen den Gegner zu, kann auch kein Anspruch übergehen.
3. Auslösendes Ereignis
Rz. 15
Das den Anspruchsübergang auslösende Ereignis ist in § 9 BerHG nicht ausdrücklich geregelt. Die Anhängigkeit eines Antrags auf Bewilligung von Beratungshilfe genügt indes nicht. Auch die Gesetzesbegründung geht ersichtlich davon aus, dass der Ersatzanspruch nicht vor der Bewilligung von Beratungshilfe übergeht. Das zum Anspruchsübergang führende Ereignis besteht erst in der Bewilligung von Beratungshilfe. Auch im Falle direkten Gewährung von Beratungshilfe durch den Rechtsanwalt findet der Anspruchsübergang erst mit der nachträglichen Bewilligung von Beratungshilfe statt, falls diese nicht ausdrücklich getroffen wird, spätestens mit der Auszahlung der Beratungshilfevergütung.
4. Auswirkung auf Rechtsuchenden und Beratungsperson
Rz. 16
Ist der Anspruchsübergang erfolgt, kann der Rechtsuchende im eigenen Namen weder Beratungshilfe für die Angelegenheit der Geltendmachung der Rechtsverfolgungskosten erhalten noch Klage erheben.
Rz. 17
Die Beratungsperson ist nicht verpflichtet, von ihren Rechten aus § 9 BerHG Gebrauch zu machen.
5. Kein Forderungsübergang zum Nachteil des Rechtsuchenden
Rz. 18
Der Anspruchsübergang kann nicht zum Nachteil des Rechtsuchenden geltend gemacht werden. Das bedeutet zum einen, dass der Anwalt gegen den ersatzpflichtigen Dritten keine Ansprüche geltend machen kann, solange noch Ansprüche des Rechtsuchenden gegen den Gegner bestehen. Zum anderen sind Zahlungen der Gegenseite – entgegen den §§ 367, 366 BGB – zunächst einmal auf die Forderung des Rechtsuchenden einzuziehen.
Rz. 19
Auch hinsichtlich der Beratungshilfegebühr nach VV 2500 ist der Rechtsuchende bevorrechtigt. Soweit ihm ein Ersatzanspruch gegen den Gegner zusteht und er die Gebühr nach VV 2500 gezahlt hat, steht ihm insoweit materiell-rechtlich ein Ersatzanspruch zu. Würde der gesamte Anspruch ohne Beachtung der bereits gezahlten 15 EUR auf den Anwalt übergehen, so wäre der Rechtsuchende benachteiligt, was § 9 S. 3 BerHG gerade verhindern will. Die Beratungshilfegebühr verbleibt dem Rechtsanwalt bei Zahlung der Wahlanwaltsvergütung durch den Gegner auch nicht zusätzlich, sondern ist dem Rechtsuchenden zurückzuzahlen.
6. Einwendungen des Dritten
Rz. 20
Einwendungen des erstattungspflichtigen Dritten, die aus dem Verhältnis zu dem Rechtsuchenden resultieren, sind im Rahmen des § 9 BerHG nicht ausgeschlossen, sondern können nach §§ 412, 406 BGB geltend gemacht werden. Insofern gibt es im BerHG – im Gegensatz zur Prozesskostenhilfe – keine zu § 126 Abs. 2 S. 1 ZPO vergleichbare Vorschrift. Deshalb kann etwa ein Leistungsträger nach dem SGB II gegenüber der Beratungsperson auch mit einer Erstattungsforderung gegenüber Rechtsverfolgungskosten des Leistungsempfängers aufrechnen.