Peter Fölsch, Dipl.-Rpfl. Joachim Volpert
1. Begriff der Angelegenheit, § 15
a) Gebührensystem Festgebühr
Rz. 49
Bei der Vergütungsberechnung im Rahmen der VV 2501 ff. stellt sich häufig die Frage, ob eine Angelegenheit oder mehrere Angelegenheiten vorliegen. Die Frage wird zumeist im Rahmen der Beratungsgebühr nach VV 2501 diskutiert, hat aber ebenso auch Bedeutung für die Geschäftsgebühr nach VV 2503 und eine eventuelle Einigungsgebühr nach VV 2508.
Rz. 50
Für die Frage, ob eine Angelegenheit gegeben ist oder ob mehrere Angelegenheiten vorliegen, ist auch im Rahmen der Beratungshilfe an sich auf § 15 abzustellen. Die gerichtliche Praxis wird hierzu zum Teil als sehr restriktiv empfunden. Ein Grund dafür, dass über die Frage der Anzahl der Angelegenheiten im Rahmen der Beratungshilfe besonders gestritten wird, liegt darin, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen hier größer sind. Während bei den Wahlanwaltsgebühren ein gewisser Ausgleich über die Erhöhung des Gegenstandswertes nach § 22 Abs. 1, 23 Abs. 1 S. 3 i.V.m. § 39 GKG, § 33 FamGKG stattfindet, bleibt es im Rahmen der Beratungshilfe immer bei den Festgebühren, so dass hier das Alles-oder-Nichts-Prinzip gilt.
b) Regelungen zur Angelegenheit im RVG
Rz. 51
§ 15 Abs. 1 regelt, dass die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit abgelten, soweit im Gesetz nichts anderes bestimmt ist. § 15 Abs. 2 bestimmt, dass der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit – von der Ausnahme des § 15 Abs. 5 abgesehen – nur einmal fordern kann. Die §§ 16 bis 18 enthalten nicht abschließende Regelungen, welche Verfahren bzw. Verfahrensabschnitte noch dieselbe Angelegenheit bzw. verschiedene oder besondere Angelegenheiten sind.
c) Definition des BGH
Rz. 52
Den Begriff der Angelegenheit definiert das RVG nicht. Nach der Rechtsprechung des BGH ergeben sich folgende Grundsätze zur gebührenrechtlichen Angelegenheit, die für jedes anwaltliche Mandat – und damit auch für das Beratungshilfemandat – zu beachten sind: Unter derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne ist das gesamte Geschäft zu verstehen, das der Rechtsanwalt für den Auftraggeber besorgen soll. Ihr Inhalt bestimmt den Rahmen, innerhalb dessen der Rechtsanwalt tätig wird. Die Angelegenheit ist von dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit abzugrenzen, der das konkrete Recht oder Rechtsverhältnis bezeichnet, auf das sich die anwaltliche Tätigkeit bezieht. Eine Angelegenheit kann mehrere Gegenstände umfassen.
Rz. 53
Für die Annahme eines einheitlichen Rahmens der anwaltlichen Tätigkeit ist es grundsätzlich ausreichend, wenn die verschiedenen Gegenstände in dem Sinne einheitlich vom Anwalt bearbeitet werden können, dass sie verfahrensrechtlich zusammengefasst bzw. in einem einheitlichen Vorgehen geltend gemacht werden können.
Rz. 54
Ein innerer Zusammenhang ist zu bejahen, wenn die verschiedenen Gegenstände bei objektiver Betrachtung und unter Berücksichtigung des mit der anwaltlichen Tätigkeit nach dem Inhalt des Auftrags erstrebten Erfolgs zusammengehören. Die Annahme derselben Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne setzt nicht voraus, dass der Anwalt nur eine Prüfungsaufgabe zu erfüllen hat. Von einem einheitlichen Rahmen der anwaltlichen Tätigkeit kann vielmehr grundsätzlich auch dann noch gesprochen werden, wenn der Anwalt zur Wahrnehmung der Rechte des Mandanten verschiedene, in ihren Voraussetzungen voneinander abweichende Anspruchsgrundlagen zu prüfen bzw. mehrere getrennte Prüfungsaufgaben zu erfüllen hat. Eine Angelegenheit kann auch vorliegen, wenn ein dem Rechtsanwalt zunächst erteilter Auftrag vor dessen Beendigung später ergänzt wird.
Die Abgrenzung ist keine Frage der generellen Definition, sondern des konkreten Einzelfalls.
Rz. 55
Zusammenfassung
Die Angelegenheit ist der Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt, wobei im Allgemeinen der dem Anwalt erteilte Auftrag entscheidet.
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Die Angelegenheit ist nicht identisch mit dem Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit. In einer Angelegenheit können mehrere Gegenstände behandelt werden. |
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Die Angelegenheit ist auch nicht identisch mit dem Auftrag. Ein einheitlicher Auftrag kann mehrere Angelegenheiten umfassen. |
Rz. 56
Checkliste Angelegenheit
Zu prüfen ist also:
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ein einheitlicher, nicht notwendig zeitgleicher Auftrag; |
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ein gleichartiger Rahmen der Tätigkeit (z.B. gleiches Verfahren, Bearbeitung in einem Schreiben an den Gegner möglich); |
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ein innerer Zusammenhang, d.h. eine innere Zusammengehörigkeit der Gegenstände. |