Leitsatz

In einem Verfahren nach § 1 GewSchG hatte das FamG dem Antragsgegner zur Rechtsverteidigung ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt, die Beiordnung eines Rechtsanwalts jedoch abgelehnt. Zur Begründung der Entscheidung wurde ausgeführt, die Sach- und Rechtslage sei weder schwierig, noch sei unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit die Beiordnung eines Anwalts geboten.

Der Antragsgegner wandte sich gegen die Versagung der Beiordnung eines Rechtsanwalts mit der Beschwerde. Sein Rechtsmittel war erfolgreich.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hat dem Antragsgegner einen Rechtsanwalt beigeordnet. Es folgte der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts insoweit, als sowohl der Sachverhalt als auch die Rechtslage objektiv einfach sei. Es gehe im Wesentlichen um zwei Vorfälle, die durch Zeugenbeweis hätten aufgeklärt werden können. Entgegen der Gesetzesbegründung zu § 78 Abs. 2 FamFG, wonach die Erforderlichkeit einer Anwaltsbeiordnung allein nach objektiven Kriterien unter Berücksichtigung der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage zu beurteilen sei, müsse § 78 Abs. 2 FamFG verfassungskonform weiter ausgelegt werden. Einem bedürftigen Beteiligten sei wegen der erforderlichen weitgehenden Gleichstellung Bemittelter und Unbemittelter bei der Gewährung effektiven Rechtsschutzes auch dann ein Anwalt beizuordnen, wenn nur aus seiner Sicht die Sach- und Rechtslage so schwierig sei, dass eine anwaltliche Vertretung geboten erscheine.

Eine Anwaltsbeiordnung sei unter Berücksichtigung der Vorgaben des BVerfG (BVerfG NJW-RR 2007, 1713) dann erforderlich, wenn eine bemittelte Partei ebenfalls einen Anwalt mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte. Dabei spielten sowohl der Gesichtspunkt der Waffengleichheit als auch subjektive Kriterien eine Rolle (Hanseatisches OLG, B. v. 7.4.2010 - 4 WF 47/10 -juris-; OLG Celle, 17. OLG Karlsruhe, FamRZ 2010, 582; OLG Zweibrücken FamRZ 2010, 579).

Im vorliegenden Fall sei der Antragsgegner erst 18 Jahre alt. Aus seiner Sicht habe er auch wegen einer parallel erstatteten Strafanzeige der Antragstellerin mit massiven Einschränkungen seiner Persönlichkeitssphäre rechnen müssen.

 

Link zur Entscheidung

OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.05.2010, 16 WF 65/10

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