Leitsatz
Eine deutsche Staatsangehörige und ein türkischer Staatsangehöriger hatten am 19.4.2005 in Istanbul eine Scheinehe geschlossen. Die Ehefrau begehrte Aufhebung der Ehe und beantragte, ihr für dieses Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Erstinstanzlich wurde ihr Prozesskostenhilfe versagt. Hiergegen legte sie sofortige Beschwerde ein, die erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG vertrat in seiner Entscheidung die Auffassung, der Ehefrau könne nicht vorgehalten werden, sie habe von dem Entgelt für die Eingehung der Scheinehe Rücklagen für die zwangsläufige Aufhebung oder Scheidung dieser Ehe bilden müssen, da sie das versprochene Geld nie erhalten habe, da der Ehemann nie in Deutschland eingereist sei. Ihre Rechtsverfolgung sei auch nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO. Auch eine unbemittelte Partei dürfe nicht an einer von ihr nicht gewollten Scheinehe festgehalten werden (BGH v. 22.6.2005 - XII ZB 247/03, BGHReport 2005, 1380 = MDR 2005, 1230 = NJW 2005, 2781 f. [2782], m.w.N.). Der Eheaufhebungsantrag der Ehefrau nach § 1314 Abs. 2 Ziff. 5 BGB sei nach ihrem für das Prozesskostenhilfeverfahren zugrunde zu legenden Vortrag auch erfolgversprechend. Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts sei deutsches Recht anwendbar. Dies richte sich im Grundsatz nach Art. 14 EGBGB. Art. 13 und 17 EGBGB fänden keine Anwendung. Hierauf habe das erstinstanzliche Gericht zu Recht hingewiesen. Entgegen der dort vertretenen Auffassung führe aber auch Art. 14 EGBGB zur Anwendung deutschen Rechts. Nach Art. 14 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB unterlägen die allgemeinen Wirkungen der Ehe dem Recht des Staates, mit dem die Ehegatten auf andere Art und Weise gemeinsam am engsten verbunden seien. Dass der Ehemann türkischer Staatsangehöriger sei und die Hochzeit wegen des Zwecks der Eheschließung, nämlich ihm die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, notgedrungen in der Türkei stattgefunden habe, rechtfertige nicht den Schluss auf eine besonders enge Verbindung der Parteien mit dem türkischen Recht. Da die Eheschließung dem Ehemann gerade die Möglichkeit eröffnen sollte, nach Deutschland einzureisen, spreche ebensoviel für die Anwendung deutschen Rechts. Da die deutschen Gerichte für das Begehren der Ehefrau international zuständig seien (§ 606a ZPO), müsse der zu treffenden Entscheidung zwangsläufig eine bestimmte Rechtsordnung zugrunde gelegt werden. Wenn es keinerlei der Anknüpfungspunkte für eine bestimmte Rechtsordnung gebe, sei die praktikabelste Lösung diejenige, das grundsätzlich die Sachnormen des am Gerichtsort geltenden eigenen Rechts Anwendung finden. Dieser Grundsatz rechtfertige im vorliegenden Fall die Anwendung deutschen materiellen Rechts (KG v. 6.11.2001 - 1 VA 11/00, KGReport Berlin 2002, 23 = FamRZ 2002, 840 [842], m.w.N.).
Link zur Entscheidung
Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 28.03.2006, 12 WF 37/06