BMF, Schreiben v. 6.5.1994, IV B 2 - S 2134 - 56/94, BStBl I 1994 S. 311
Nach § 10 Abs. 2 Satz 2 EStG können Beiträge zu bestimmten Lebensversicherungen nicht mehr als Sonderausgaben abgezogen werden, wenn die Ansprüche aus Versicherungsverträgen während deren Dauer im Erlebensfall der Tilgung oder Sicherung „schädlicher” Darlehen dienen. Daraus folgt, daß es steuerlich unschädlich ist, wenn
- a) nach Fälligkeit der Versicherung im Erlebensfall die Versicherungsleistung zur Darlehnstilgung verwendet wird, ohne daß vorher eine Tilgungs-/Sicherungsabrede getroffen worden ist,
- b) nach Eintritt des Versicherungsfalls durch Tod der versicherten Person die Versicherungsleistung zur Darlehnstilgung verwendet wird, ohne daß eine Sicherungsabrede für den Erlebensfall getroffen worden ist (Randziffer 3 des BMF-Schreibens vom 19. Mai 1993, BStBl I S. 406).
Es ist gefragt worden, welche steuerlichen Folgen sich ergeben, wenn der Versicherungsnehmer und Darlehnsschuldner für den Fall seines Todes dem Darlehnsgläubiger ein unwiderrufliches Bezugsrecht einräumt. Im Einvernehmen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt dazu folgendes:
Bei einer Lebensversicherung mit geteilter Begünstigung für den Todes- und Erlebensfall steht der Anspruch auf den Rückkaufswert dem für den Todesfall unwiderruflich Bezugsberechtigten bis zum Eintritt des Erlebensfalls zu, d. h. im Erlebensfall nicht mehr zu (vgl. BGH-Urteil vom 17. Februar 1966, BGHZ 45, 162). Ein Widerruf oder eine Änderung der Bezugsberechtigung ist ohne die Zustimmung des Bezugsberechtigten nicht möglich. Ein zur Auszahlung gelangender Rückkaufswert steht daher dem Bezugsberechtigten der Todesfallversicherung zu, solange dessen Recht auf die Versicherungsleistung besteht, also bis (ausschließlich) zum Eintritt des Erlebensfalls.
Das Kündigungsrecht verbleibt grundsätzlich beim Versicherungsnehmer, solange dieser es nicht an den unwiderruflich Bezugsberechtigten abtritt. Eine Pfändung der Versicherungsansprüche beim Versicherungsnehmer durch Dritte wäre aber erfolglos, weil der unwiderruflich Bezugsberechtigte insoweit ein begründetes Widerspruchsrecht hat. Auch könnte der Versicherungsnehmer die Versicherungsansprüche nicht für den Erlebensfall an einen weiteren Gläubiger abtreten oder verpfänden (vgl. auch Prölls/Martin VVG, ALB § 15, Anm. 3). Daraus folgt, daß die Ansprüche aus dem Lebensversicherungsvertrag im Erlebensfall nicht anderweitig zur Sicherung eingesetzt werden können, wenn ein unwiderrufliches Bezugsrecht besteht. Jede Kündigung, sei es durch den Versicherungsnehmer oder den Sicherungsnehmer (z. B. bei Eintritt des Sicherungsfalls), würde auch im Erlebensfall dazu führen, daß der bis dahin angesparte Rückkaufswert an den für den Todesfall unwiderruflich Bezugsberechtigten auszuzahlen wäre. Da die Lebensversicherungsansprüche – trotz der Beschränkung des unwiderruflichen Bezugsrechts auf den Todesfall – im Erlebensfall nicht anderweitig zu Sicherungszwecken eingesetzt werden können, liegt in der unwiderruflichen Bezugsberechtigung, die der Versichenungsnehmer und Darlehnsschuldner für den Todesfall dem Darlehnsgläubiger einräumt, ein Dienen der Versicherungsansprüche auch im Erlebensfall. Das hat zur Folge, daß der Sonderausgabenabzug für die Lebensversicherungs-Beiträge sowie die Steuerfreiheit der Versicherungserträge zu versagen sind, es sei denn, einer der Ausnahmetatbestände nach § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchstaben a bis c EStG ist erfüllt.
Normenkette
EStG § 10
Fundstellen
BStBl I, 1994, 311