Fortschreibungen

 

(1) 1Eine Wertfortschreibung der Grundsteuerwerte ist vorzunehmen, wenn der in Euro ermittelte und auf volle durch hundert Euro ohne Rest teilbare abgerundete Wert, der sich für den Beginn eines Kalenderjahres ergibt, von dem entsprechenden Wert des letzten Feststellungszeitpunkts nach oben oder nach unten um mehr als 15.000 Euro abweicht. 2Mehrere bis zu einem Fortschreibungszeitpunkt eingetretene Wertabweichungen sind zusammenzufassen. 3Beträgt der nach § 24 Absatz 4 LGrStG abgerundete neue Wert null Euro, so ist der Grundsteuerwert nur dann auf null Euro festzustellen, wenn die Wertgrenzen des § 16 Absatz 1 LGrStG überschritten sind.

 

(2) 1Eine Zurechnungsfortschreibung ist vorzunehmen, wenn sich zu den zuletzt getroffenen Feststellungen Abweichungen ergeben, die für die Besteuerung von Bedeutung sind (§ 13 Absatz 2 LGrStG). 2Wertgrenzen sind bei der Zurechnungsfortschreibung nicht zu beachten. 3Eine Zurechnungsfortschreibung (§ 16 Absatz 2 LGrStG) setzt voraus, dass sich die rechtlichen oder wirtschaftlichen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 1952, III 47/51, BStBl III 1953, 62, bestätigt durch BFH-Urteil vom 23. Februar 2021, II R 44/17, BStBl II 2022, 188) Eigentumsverhältnisse geändert haben (§ 39 AO). 4Das ist insbesondere der Fall, wenn ein Grundstück verkauft, verschenkt oder vererbt, Alleineigentum an einem Grundstück in Miteigentum umgewandelt wird oder sich die Miteigentumsverhältnisse an einem Grundstück ändern. 5Eine Zurechnungsfortschreibung ist hingegen nicht bei einer bloßen Umfirmierung oder Namensänderung vorzunehmen.

 

(3) 1Die zwei Arten der Fortschreibung (§ 16 Absätze 1 und 2 LGrStG) stehen selbständig nebeneinander. 2Auf denselben Fortschreibungszeitpunkt sind deshalb Fortschreibungen der verschiedenen Art zulässig. 3Sie können verbunden werden, soweit dies zweckmäßig ist. 4Eine bereits auf einen bestimmten Fortschreibungszeitpunkt vorgenommene Fortschreibung der einen Art schließt eine nachfolgende Fortschreibung einer anderen Art auf denselben Zeitpunkt nicht aus (vgl. BFH-Urteil vom 9. Januar 1959 III 288/57 U, BStBl. III S. 110). 5Nochmalige Fortschreibungen derselben Art auf denselben Feststellungzeitpunkt sind dagegen für denselben Sachverhalt (vorbehaltlich der Korrekturnormen nach § 172 ff. AO) nicht zulässig. 6Dies gilt auch bei negativen Feststellungsbescheiden.

Praxis-Beispiel

Beispiel:

B erwirbt im Februar 2022 von A einen Bauplatz. Das Finanzamt führt auf den 1. Januar 2023 eine Zurechnungsfortschreibung auf B durch. Am 13. Januar 2023 geht beim Finanzamt die Anzeige gemäß § 22 Absatz 2 LGrStG des B ein, dass er am 30. Oktober 2022 das angrenzende Nachbargrundstück erworben hat und der Grundsteuerwert nun um mehr als 15.000 Euro abweicht.

Annahme: Im vorliegenden Fall bildet das ursprüngliche Grundstück mit dem zugekauften Grundstück eine wirtschaftliche Einheit im Sinne des § 25 LGrStG.

Der Kauf des angrenzenden Grundstücks führt zu einer Wertfortschreibung. Da Zurechnungs- und Wertfortschreibungen eigenständige Verwaltungsakte sind, ist neben der bereits erfolgten Zurechnung noch eine Wertfortschreibung auf den 1. Januar 2023 nach § 16 Absatz 1 LGrStG (wie bisher Zurechnung auf B) vorzunehmen.

 

(4) 1Grundsätzlich steht die Zurechnungsfortschreibung auf den späteren Stichtag einer Zurechnungsfortschreibung auf einen früheren Stichtag entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 1955 III 1/55 U, BStBl. III 1955 S. 316). 2Wurde auf einen bestimmten Fortschreibungszeitpunkt eine Zurechnungsfortschreibung vorgenommen, ist damit zugleich festgestellt, dass eine Fortschreibung der gleichen Art auf einen vorangegangenen Stichtag nicht durchgeführt wird. 3Bei der Zurechnungsfortschreibung ist die Wirkung aber begrenzt hinsichtlich der Personen, gegenüber denen die Feststellung getroffen wird. 4Regelmäßig wird der Bescheid über die Zurechnungsfortschreibung nur dem neuen Zurechnungsträger bekannt gegeben. 5Somit kann die Bestandskraft auch nur diesem gegenüber eintreten. 6Deshalb kann eine bisher unterbliebene Zurechnungsfortschreibung auf den jeweils maßgebenden (früheren) Fortschreibungszeitpunkt nachgeholt werden. 7Diese nachgeholte Fortschreibung ist in ihrer Auswirkung auf Feststellungszeitpunkte zu beschränken, für die die Feststellungsverjährung noch nicht eingetreten ist. 8Für die inhaltliche Beschränkung ist zwingend der Wirkhinweis nach § 181 Absatz 5 AO aufzunehmen. 9Für diesen Wirkhinweis ist erforderlich und ausreichend, dass die Feststellung für noch nicht verjährte Folgebescheide von Bedeutung ist (BFH-Urteils vom 15. Juli 2021, II R 38/19).

 

(5) 1Eine Fortschreibung erfolgt auch zur Beseitigung eines Fehlers (§ 16 Absatz 3 Satz 1 LGrStG). 2Ein Fehler i. S. des § 16 Absatz 3 Satz 1 LGrStG ist jede objektive Unrichtigkeit. 3Für die Zulässigkeit der fehlerberichtigenden Fortschreibung ist nicht Voraussetzung, dass ein klarliegender, einwandfrei feststellbarer Fehler vorliegt (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1989 II R 53/87, BStBl. II 1990 S. 149). 4Soll eine fe...

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