Leitsatz
Die Ehefrau begehrte, ihre am 6.8.1994 in Italien geschlossene, kinderlos gebliebene Ehe nach deutschem Recht zu scheiden. Sie war Deutsche, der Ehemann italienischer Staatsangehöriger. Bis zur Trennung im Juni 1995 lebten die Parteien in Italien, die Ehefrau seither in Deutschland.
Ihren Scheidungsantrag vom 7.6.1999 hatte die Ehefrau zunächst nicht weiter betrieben, nachdem sie mit Schriftsatz vom 7.9.2000 mitgeteilt hatte, mit dem Antragsgegner Einvernehmen darüber erzielt zu haben, ein Scheidungsverfahren in Italien durchzuführen.
Im April 2002 nahm die Ehefrau das Verfahren wieder auf. Auf den Hinweis des FamG, das italienisches Recht anzuwenden sei, welches eine gerichtliche Feststellung der mindestens 3-jährigen Trennung voraussetze, beantragte sie in der mündlichen Verhandlung vom 15.8.2002 zunächst, die Trennung der Parteien seit 1995 festzustellen, nahm diesen Antrag jedoch sogleich wieder zurück.
Ihr Scheidungsbegehen blieb sowohl erstinstanzlich als auch in der Berufungsinstanz ohne Erfolg. Hiergegen richtete sich ihre vom Berufungsgericht zugelassene Revision, die nicht erfolgreich war.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Der BGH wies in seiner Entscheidung darauf hin, dass nach Art. 3 Nr. 2b Abs. 2 des Gesetzes Nr. 898 vom 1.12.1970 in der Fassung des Gesetzes Nr. 72 vom 6.3.1987 die Ehescheidung nach italienischem Recht eine gerichtlich bestätigte oder angeordnete Trennung von drei Jahren voraussetze. Dieses Verfahren habe die Antragstellerin weder in Italien noch in Deutschland betrieben. Demzufolge könne sie nicht geschieden werden, da Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB für sie nicht eingreife. Diese Bestimmung solle einen deutschen oder ehemals deutschen Partner nur vor der Anwendung eines scheidungsunfreundlichen fremden Rechts schützen, um "bei ausreichend starkem Inlandsbezug dem berechtigten Bestreben nach Wiedererlangung der Eheschließungsfreiheit auch ohne eine - daneben nicht ausgeschlossene - Inanspruchnahme des ordre public Rechnung zu tragen".
Schließlich müsste die Vorehe zunächst geschieden werden, um eine erneute Eheschließung zu ermöglichen. Zudem sei schon die Absicht, sich aus einer nach den eigenen Vorstellungen inhaltslos gewordenen Ehe befreien zu wollen, verfassungsrechtlich geschützt.
Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB räume dem deutschen Ehepartner damit nicht etwa ein Wahlrecht ein, das Scheidungsstatut selbst zu bestimmen. Wenn primär berufenes ausländisches Recht Trennungszeiten festlege, die der deutschen Wertung im Wesentlichen entsprächen, habe die Antragstellerin daher in Deutschland keine Vorteile, selbst wenn Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB nicht etwa voraussetze, dass die Ehe nach ausländischem Recht gar nicht geschieden werden könne und es ausreiche, dass eine gerichtliche Entscheidung für sie nur derzeit nicht zulässig sei.
Maßgeblicher Zeitpunkt sei die letzte mündliche Verhandlung, nicht die Rechtshängigkeit des Verfahrens, für die wiederum die Vorschriften der europäischen Gesetzgebung bestimmt seien.
Mit den vorgesehenen Änderungen durch die VO (EG) Nr. 2201/2003, beschränkt zunächst auf die Ehescheidung, aber mit notwendigen Folgerungen auch für das eheliche Güterrecht und für den Unterhalt, sei für das "Deutschenprivileg" nach Art. 17 Abs. 1 S. 2 EGBGB ohnehin kein Raum mehr.
Hinweis
Voraussichtlich zum 1.3.2008 wird für das Scheidungsverfahren und später dann auch für das eheliche Güterrecht und den Unterhalt die VO (EG) Nr. 2201/2003 eigene IPR-Regeln einführen, die von den bislang geltenden Vorschriften stark abweichen.
Vorgesehen sind auch Gerichtsstandvereinbarungen. Für die materielle Rechtsanwendung wird auf der ersten Stufe die Rechtswahl der Parteien maßgeblich, die sich allerdings auf die dort vorgesehenen Rechtsordnungen beschränken muss.
Link zur Entscheidung
BGH, Urteil vom 25.10.2006, XII ZR 5/04