Kommentar
Die EU-Kommission hatte Portugal verklagt, weil nach dem dortigen Mehrwertsteuergesetz für Maschinen und andere Ausrüstungsgegenstände zur Erforschung alternativer Energieformen, für gewöhnliche Weine, für landwirtschaftliche Geräte und Ausrüstungsgegenstände und für die Maut für die Benutzung der Brücke über den Tejo in Lissabon ein ermäßigter Steuersatz von 5 % galt. Die Kommission war der Auffassung, dieser Steuersatz verstoße gegen Art. 28 Abs. 2 der EG-Richtlinie und Art. 12 der 6. EG-Richtlinie. Da Portugal am 1. Januar 1991 auf diese Gegenstände bereits einen ermäßigten Steuersatz angewendet habe, müsse der Steuersatz mindestens 12 % betragen (Art. 28 Abs. 2 Buchst. e der 6. EG-Richtlinie).
Bis auf den ermäßigten Steuersatz für die Maut zur Benutzung der Tejobrücke hat der EuGH der Kommission Recht gegeben und Portugal entsprechend verurteilt. Der EuGH hat es in-soweit auch abgelehnt, das Klageverfahren auszusetzen, weil Portugal beabsichtigte, den ermäßigten Steuersatz auf 12 % anzuheben.
Hinsichtlich der Maut für die Benutzung der Brücke über den Tejo weist der EuGH die Klage zurück. Nach seinen Feststellungen wird die Maut von einer portugiesischen Einrichtung des öffentlichen Rechts erhoben. Von daher ist die Leistung, die Brücke gegen Entgelt zur Nutzung zu überlassen, unter den Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 5 der 6. EG-Richtlinie nicht steuerbar. Ausdrücklich führt der EuGH aus, dass insoweit der Mitgliedstaat auch kein Wahlrecht hat, die öffentlich-rechtliche Einrichtung als Unternehmer zu behandeln. Derartige Einrichtungen dürfen unter den Voraussetzungen des Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie nicht besteuert werden, es sei denn dies führt zu größeren Wettbewerbsverzerrungen. Die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die Maut war daher zwar ebenfalls ein Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht, konnte vom EuGH in seiner Entscheidung aber nicht aufgegriffen werden, weil der Klageantrag der Kommission sich nur auf Art. 12 und Art. 28 Abs. 2 der 6. EG-Richtlinie, nicht aber z.B. auf Art. 4 Abs. 5 der Richtlinie bezog.
Hinsichtlich der Maut schreibt das Urteil die Entscheidung vom 17.10.1989 fort. In diesem Verfahren hatte der EuGH entschieden, wenn sich eine Einrichtung des öffentlichen Rechts gegen eine nationale Besteuerung wendet, kann sie sich unmittelbar auf Art. 4 Abs. 5 Unterabs. 1 der 6. EG-Richtlinie berufen.
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 08.03.2001, C-276/98