Leitsatz
Unterlässt es der Arbeitgeber zu prüfen, ob freie Stellen auch mit Schwerbehinderten besetzt werden könnten, handelt er gesetzwidrig. Der Betriebsrat kann jedoch deshalb nicht seine Zustimmung zur Versetzung eines internen Bewerbers verweigern.
Sachverhalt
Ein Arbeitgeber hatte zwei freie Stellen intern und extern ausgeschrieben. Es wurden Vorstellungsgespräche mit internen Bewerbern und einer externen Bewerberin geführt. Ob die Stellen auch mit Schwerbehinderten besetzt werden könnten und ob geeignete schwerbehinderte Arbeitslose oder Arbeitsuchende vorhanden waren, hatte der Arbeitgeber nicht geprüft. Er hatte auch diesbezüglich keinen Kontakt zur Agentur für Arbeit aufgenommen und entschied sich, die zwei freien Stellen mit internen Bewerbern zu besetzen. Er informierte den Betriebsrat über das Bewerbungsverfahren und die beabsichtigten Stellenbesetzungen und bat um Zustimmung zu den Versetzungen der internen Bewerber auf die neuen Stellen. Der Betriebsrat verweigerte die Zustimmungen u.a. mit der Begründung, der Arbeitgeber habe gegen seine Verpflichtung verstoßen, die Besetzung der Stellen mit arbeitslosen, schwerbehinderten Menschen zu prüfen. Der Arbeitgeber beantragte vor dem Arbeitsgericht, die Zustimmungen des Betriebsrats ersetzen zu lassen.
Das BAG gab dem Arbeitgeber Recht. Der Betriebsrat hatte zu Unrecht die Zustimmung zur Versetzung der beiden internen Stellenbewerber verweigert. Zwar hat der Arbeitgeber bei der Besetzung der zwei freien Stellen gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verstoßen. Jedenfalls wenn ein Arbeitgeber in Erwägung zieht, eine freie Stelle auch mit einem externen Bewerber zu besetzen, ist er nach § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX verpflichtet zur prüfen, ob der Arbeitplatz mit schwerbehinderten Menschen, insbesondere arbeitslos oder arbeitsuchend gemeldeten Schwerbehinderten, besetzt werden kann. Eine solche Prüfung setzt regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber mit der Agentur für Arbeit in Kontakt tritt. Im vorliegenden Fall hatte dies der Arbeitgeber nicht getan. Der Verstoß gegen § 81 Abs. 1 Satz 1 SGB IX berechtigte den Betriebsrat jedoch nicht, die Zustimmungen zur Versetzung der beiden internen Bewerber zu verweigern.
Ein Zustimmungsverweigerungsrecht hätte nur bestanden, wenn der Arbeitgeber eine Neueinstellung vorgenommen hätte: Der Betriebsrat kann nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG der Einstellung eines Bewerbers die Zustimmung verweigern, wenn der Arbeitgeber seiner Pflicht nicht nachgekommen ist, die Eignung des Arbeitsplatzes für schwerbehinderte Bewerber zu prüfen. In diesem Fall nimmt der (nicht schwerbehinderte) Bewerber möglicherweise einem schwerbehinderten Bewerber die Chance auf einen freien Arbeitsplatz, was § 81 Abs. 1 S. 1 SGB IX verhindern möchte.
Hier handelte es sich aber nicht um (Neu)einstellungen, sondern Versetzungen interner Bewerber. Diese internen Bewerber haben dem Arbeitsmarkt keine Arbeitsplätze "entzogen". In diesem Fall verstößt der Arbeitgeber nicht gegen ein Schutzgesetz, dessen Einhaltung der Betriebsrat nach § 99 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG kontrollieren soll. Die Zustimmungen des Betriebsrats zu den vom Arbeitgeber beabsichtigten Versetzungen wurden deshalb vom Gericht ersetzt.
Link zur Entscheidung
BAG, Beschluss v. 17.6.2008, 1 ABR 20/07.