Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG ist der Verzicht auf Rechte aus einer Betriebsvereinbarung grundsätzlich unzulässig. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Betriebsrat dem Verzicht zustimmt. Von dieser Vorschrift werden Erlassverträge, negative Schuldanerkenntnisse und einseitige Verzichtserklärungen des Arbeitnehmers über seine tariflichen Rechte rechtlich untersagt bzw. von der Billigung des Betriebsrats abhängig gemacht. Hierunter fallen auch prozessuale Handlungen im Rahmen von Gerichtsverfahren, wie etwa Klageverzicht oder ein materieller Prozessvergleich. Nicht betroffen vom Regelungsbereich der Vorschrift hingegen ist eine Klagerücknahme, die das materielle Recht nicht zum Erlöschen bringt. Nicht eingeschränkt ist auch das Recht des Arbeitnehmers zur Abtretung und Aufrechnung von Rechten aus einer Betriebsvereinbarung. Diese Formen der Verfügung betreffen nicht den eigentlichen Anspruch auf die Vergütung, sondern lediglich die Entgeltverwendung, die durch die Vorschrift nicht berührt wird.
Unterschiedlich sind die Rechtsfolgen bei Verzichtserklärungen des Arbeitnehmers in Ausgleichsquittungen. Mit diesem Begriff werden Erklärungen bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bezeichnet, in denen der Arbeitnehmer gegen Aushändigung der Arbeitspapiere und etwaiger Restlohnansprüche auf weitere Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis oder die Erhebung der Kündigungsschutzklage verzichtet. Sie sind unwirksam, soweit dem Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage kein Gegenwert (z. B. eine Abfindung) gegenübersteht oder soweit sie Rechte aus einer Betriebsvereinbarung betreffen. Werden nur einzelvertragliche Ansprüche erfasst, ist die Verzichtserklärung grundsätzlich zulässig. Allerdings werden an die Verzichtserklärung strenge Anforderungen gestellt.
Jedoch ist lediglich der Rechtsverzicht durch § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG untersagt bzw. von der Zustimmung des Betriebsrats abhängig, die ggf. als Genehmigung auch nachträglich erteilt werden kann (bis dahin ist die Verzichtsvereinbarung schwebend unwirksam). Der Arbeitnehmer kann aber frei entscheiden, welche Tatsachen er in einem gerichtlichen Verfahren um einen Anspruch aus einer Betriebsvereinbarung zum Gegenstand der Verhandlung macht. So ist ein Vergleich über die tatsächlichen Voraussetzungen eines Anspruchs durchaus möglich und wird von § 77 Abs. 4 Satz 2 BetrVG nicht erfasst. Unabhängig hiervon würde ein solcher Vergleich, sollten auf das Arbeitsverhältnis Ausschlussfristen Anwendung finden, dann dennoch nicht zum Verlust der Ansprüche aus einer Betriebsvereinbarung führen. Denn diese Ansprüche können nicht durch eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist erfasst werden.
Urlaub kann nicht abgegolten werden
Eine Betriebsvereinbarung sieht einen Treueurlaub von 2 Tagen bei einer Betriebszugehörigkeit von mehr als 20 Jahren vor. Wird das Arbeitsverhältnis beendet, wäre ein Vergleich über den Verzicht auf diese 2 Tage ohne Zustimmung des Betriebsrats unzulässig, auch wenn der Arbeitnehmer hierfür eine Entschädigungszahlung erhält. Zulässig ist aber bei vorangegangener Freistellung eine Einigung dahingehend, dass der Arbeitnehmer seinen ihm zustehenden Urlaub in vollem Umfang durch die gewährte Freizeit in natura erhalten hat.
Nach § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG ist die Verwirkung von Rechten aus einer Betriebsvereinbarung ausgeschlossen. Die Vorschrift erfasst aber nur die Verwirkung wegen illoyal verspäteter Rechtsverfolgung als Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben. Danach gilt ein Recht als verwirkt, wenn der Schuldner aus dem bisherigen Verhalten des Gläubigers annehmen musste, dieser werde auch in Zukunft sein Recht nicht mehr geltend machen, und er sich hierauf in schutzwürdiger Weise eingerichtet hat. Hingegen ist die Verwirkung aus anderen Gründen, etwa wegen arglistigem Verhalten oder unzulässiger Rechtsausübung, nicht durch § 77 Abs. 4 Satz 3 BetrVG ausgeschlossen.
Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Betriebsvereinbarung sind nur zulässig, wenn sie in einem Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vereinbart werden.